Werbung und Rabatte: Shop-Apotheke vor dem EuGH Patrick Hollstein, 21.08.2019 14:46 Uhr
Im Gezerre um die Rx-Boni von DocMorris & Co. gibt es Experten, die auf ein neues Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) setzen. Die Richter hätten schief argumentiert und sich nicht mit dem eigentlichen Zweck der Preisbindung auseinander gesetzt, so die Begründung. Tatsächlich gibt es in Luxemburg bereits ein neues Verfahren, das noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Dabei geht es um die Werbung und die Rabatte der Shop-Apotheke in Frankreich.
Schon vor Jahren hatte das Management in Venlo ein Auge auf den französischen Markt geworfen, der von Größe und Struktur am ehesten mit dem deutschen vergleichbar ist. Doch schon die ersten Aktivitäten sorgten für massiven Gegenwind: Eine ungewöhnliche Allianz zog gegen den neuen Konkurrenten vor Gericht.
Verklagt wurde die Shop-Apotheke gleich nach dem Start durch die Union Des Groupements de Pharmaciens d'Officine (UDGPO) als Dachverband von 16 Apothekenkooperationen mit knapp 4000 Mitgliedern und die Association Françaises de Pharmacies en Ligne (AFPEL) als Zusammenschluss von 14 französischen Versandapothekern. Außerdem machten drei Apotheker ihre Recht als Wettbewerber geltend.
Beanstandet wurde, dass Shop-Apotheke vorab keine Versanderlaubnis der französischen Behörde beantragt hatte und verschiedene französische Vorschriften nicht beachtet würden. Außerdem wurde ein Mailing an potenzielle Kunden beanstandet. Auf der Website würden schließlich unangemessene Rabatte angeboten und insgesamt unfaire Wettbewerbsmethoden angewendet.
Im Juli 2017 gab es das erste Urteil. Die Richter in Paris verwiesen auf das Herkunftslandprinzip, sodass für Shop-Apotheke vor allem die niederländischen Vorschriften von Bedeutung seien. Allerdings könnten Ausnahmen aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein, wenn sie nötig, angemessen und geeignet seien.
Diese Grundsätze seien bei verschiedenen französischen Vorschriften nicht erfüllt, etwa bei der Vorgabe, nur niedergelassene Apotheken dürften Versandhandel betreiben. Auch die vorherige Genehmigung durch die Behörde und Registrierung im Register der Apothekerkammer seien nicht zu rechtfertigen. Vielmehr habe die Shop-Apotheke nachgewiesen, dass die relevanten niederländischen Vorschriften eingehalten würden.
Zwei Vorschriften aus dem „Code de la santé publique“ ließen die Richter dann aber doch gelten: Einerseits ist Apothekern untersagt, Patienten zu einem missbräuchlichen Konsum von Arzneimitteln zu verleiten, andererseits dürfen sie nicht mit Methoden um Kunden werben, die mit der Würde des Berufs nicht vereinbar sind. Gegen beide Prinzipien habe Shop-Apotheke verstoßen, indem sie Werbematerialien an potenzielle Kunden geschickt und auf ihrer Website mit Preisnachlässen geworben habe.
Dieses Verhalten sei damit unlauter gewesen; knapp 85.000 Euro inklusive Anwalts- und Gerichtskosten sollte der Versender an die Kläger zahlen. Außerdem wurde Shop-Apotheke dazu verpflichtet, das Urteil auf ihrer Website und in drei Zeitungen oder Zeitschriften zu veröffentlichen.
In Venlo legte man sofort Rechtsmittel ein; die Vorgaben behinderten den freien Warenverkehr und seien weder angemessen noch geeignet, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Im vergangenen September legte das Berufungsgericht den Fall beim EuGH vor. Geklärt werden soll, ob die beiden Klauseln gegen EU-Recht verstoßen. Außerdem sollen die Richter in Luxemburg entscheiden, ob die 2016 eingeführte Verpflichtung, bei der elektronischen Bestellung von Arzneimitteln einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen zu lassen, sowie das Verbot kostenpflichtiger Suchmaschinen-Verweise rechtens sind.
Anfang des Jahres wurden die Schriftsätze ausgetauscht, bei der Shop-Apotheke rechnet man damit, dass es noch in diesem Jahr ein Urteil geben wird. Einen Termin dazu gibt es beim EuGH noch nicht.
Parallel dazu gab es ein weiteres Verfahren mit dem OTC-Hersteller UPSA (Union de Pharmacologie Scientifique Appliqué). Indem die Produkte abgebildet würden, mache sich die Versandapotheke die Reputation eines Dritten zu eigen, argumentierte die vor kurzem verkaufte Tochterfirma von Bristol Myers-Squibb (BMS). Das führe zu einem Imageschaden einerseits und einem moralischen Schaden andererseits, selbst für diese möglicherweise illegale Werbung bestraft zu werden.