Apotheker und Stada gegen Apo-Discounter

Wem gehört „Apo“?

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Berlin -

Bei Google & Co. gefunden zu werden, ist für Onlinehändler essentiell. Die Versandapotheke Apo-Discounter ist daher über eine ganze Reihe generischer Webadressen zu erreichen, darunter Apotheke.de, Apo.com, Apotheke-online.de und Versandapo.de. Aber gibt es ein Vorrecht auf Begriffe, die für eine ganze Branche stehen? Es regt sich Widerstand: Zwei Apotheker und zwei Hersteller wehren sich gegen den Versuch des Versenders aus Leipzig, eine komplette Gattungsbezeichnung zu vereinnahmen.

In der Anonymität des Internets leben Versandhändler vor allem von ihrem Namen und von der Webadresse, unter der sie erreichbar sind. Eine Strategie ist es, mit viel Aufwand eine Marke aufzubauen, die dann über eine entsprechende Domain angesteuert werden kann. Umgekehrt gibt es Unternehmen, die sich eine generische Domain gesichert haben und diese dann als Marke etablieren. Auto.de, Buch.de und Pizza.de sind Beispiele, die sich nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2001 etabliert haben.

Auch bei Apologistics, der Betreiberfirma hinter Apo-Discounter, sind die Bestrebungen offensichtlich, möglichst viel vom Renommee des Begriffs Apotheke für das eigene Geschäft nutzbar zu machen. Für die Domain Apotheke.de hat die Firma eine Nutzungsvereinbarung mit dem Münchener Unternehmer Dr. Florian Korff. Der Mediziner hatte sich in den 1990er-Jahren noch als Student zahlreiche prominente Internetadressen gesichert. Apotheke.de trägt die Nummer 86 aller jemals in Deutschland vergebenen Domains.

Parallel dazu hat sich Apologistics in den vergangenen Jahren zahlreiche eigene Marken und Domains gesichert – auch solche, bei denen die Schutzwürdigkeit eher zweifelhaft erscheint: Apo, Apo.de, Apo.co, Apo.com und zuletzt den Claim „Apotheke ohne Theke“. Während der Deutsche Apothekerverband (DAV) markenrechtlich eher die korrekte Wiedergabe des Apotheken-A im Blick hat, sind andere Parteien im Markt auf den Vorstoß aus Leipzig aufmerksam geworden.

 

Mit der Anmeldung der Marke „Apo“ war Apologistics 2010 noch gescheitert, genauso wie zuvor mit Apotheke-online.de: Dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft, entschied das Deutsche Patent- und Markenamt und lehnte die Eintragung ab: Apo sei die allgemein gebräuchliche Kurzform für Apotheke; eine Mehrdeutigkeit, wie von Apologistics behauptet, scheide bei praxisnaher Betrachtung aus.

Der zweite Anlauf auf europäischer Ebene rief Wettbewerber auf den Plan. Zunächst legte Jürgen Struck, Apotheker aus Bünde, Widerspruch gegen die Eintragung ein. Er hatte sich gemeinsam mit Kollegen schon Jahre zuvor die Marke Apolife gesichert und sah eine Verwechslungsgefahr, später zog er seinen Antrag zurück.

Stattdessen bekam Apologistics nun aber Ärger mit Markus Kerckhoff. Der Inhaber der Schloss-Apotheke in Bergisch-Gladbach hatte seinen Webshop im März 2015 auf die Webadresse Apo.de umgestellt – doch das hinderte Apologistics nicht daran, die wenige Monate später genau diese Marke anzumelden.

Im April 2016 forderte Apologistics ihn unter Verweis auf die bestehenden Markenrechte auf, die Domain nicht mehr für das Versandgeschäft zu nutzen. Kerckhoff mahnte nun seinerseits Apologistics ab, die Wort/Bild-Marke Apo.de nicht mehr im geschäftlichen Verkehr zu nutzen.

Zwar konnte der Apotheker das Landgericht Köln in erster Instanz nicht überzeugen: Weil der Versandhandel kein abtrennbarer Unternehmensbereich sei, könne er kein prioritätsälteres Recht als Unternehmenskennzeichen geltend machen.

Doch dem Apotheker gelang parallel ein viel entscheidenderer Erfolg: Beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante setzte er durch, dass die Marke Apo im März für nichtig erklärt wurde. Das Wort Apo werde landläufig mit Apotheke assoziiert; aufgrund des beschreibenden Charakters habe das Kürzel damit keine Unterscheidungskraft.

Der Anwalt von Apologistics hatte argumentiert, dass die drei Buchstaben in zahlreichen anderen medizinischen Wörtern gebraucht werden: Apoplexie, Apoptose, Apophyse. Apostel, Apostroph, Apokalypse. Und da die Silbe aus dem Griechischen stamme und „ab“, „fort“, „von … weg“ bedeute, komme sie auch in gebräuchlichen Wörtern vor, die ebenfalls nichts mit Apotheke zu tun hätten: Apostel, Apostroph, Apokalypse.

Die von Kerckhoffs Anwalt, Dr. Morton Douglas von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen, erwähnte Apobank kannte der Anwalt von Apologistics nicht oder wollte sie nicht kennen: Das Unternehmen scheine in der Vermögensverwaltung tätig zu sein, so seine Interpretation. Niemand verwende jedenfalls das Wort Apo für Apotheke, da es sich gerade nicht um dessen gängige Abkürzung handele.

Die Löschungsabteilung ließ sich nicht beeindrucken. Zwar sei nicht zu erkennen, dass die Buchstabenfolge sich im deutschen Sprachgebrauch als Abkürzung für Apotheke verfestigt habe; allerdings gebe es eine Reihe von Anhaltspunkten, dass sie in nicht unerheblichem Maße gerade von Versandapotheken als solche genutzt werde. Gerade weil auch Apologistics in dem Bereich aktiv sei, bestehe bei den beteiligten Verkehrskreisen eine enge Verbindung zwischen dem Begriff Apotheke und den angegriffenen Dienstleistungen. Schlussendlich wurde die Marke im März für nichtig erklärt, das Beschwerdeverfahren läuft nun in nächster Instanz.

Doch nun war Douglas richtig in Fahrt. Kurzerhand beantragte er auch noch die Löschung einer Wort/Bild-Marke Apo-Discounter.de – mit Erfolg: Weil die Anwälte von Apologistics nicht nachweisen konnten, dass unter Verwendung des Logos tatsächlich nennenswerte Umsätze generiert wurden, soll die Marke nun gelöscht werden. Die vorgelegten Rechnungen und Ausdrucke seien nicht geeignet, eine ernsthafte wirtschaftliche Verwendung der Marke im geschäftlichen Verkehr innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren zu belegen. Auch hier geht der Streit weiter.

Ein weiterer Gegner ist die Stada. Der Generikakonzern hatte 2015 für Aliud die Marke „Apolo“ angemeldet, Apologistics hatte dagegen Widerspruch eingelegt. Im Laufe des Verfahrens stieß man in Bad Vilbel auf die Marken Apo.co und Apo.com. Weil diese aus Sicht der Juristen dem Namen des Parkinsonmittels Apo-Go der britischen Tochterfirma Britannia allzu ähnlich schienen, legte der Konzern seinerseits Widerspruch ein. Apologistics strich zwar daraufhin pharmazeutische Produkte (Warenklasse 5) aus den Anmeldungen. Diese Verfahren laufen ebenfalls noch.

Zu guter Letzt hat auch Apotex Widerspruch nicht gegen die Anmeldung von Apo.com eingelegt. Der kanadische Hersteller will auch die Eintragung von Apodiscounter in den USA verhindern.

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