„Anthroposophie ist sehr moderne Medizin“

Weleda: Tina Müller plant Apothekenoffensive Carolin Ciulli, 23.07.2024 13:33 Uhr

Offensive in Apotheken: Weleda-Chefin Tina Müller will die Verkäufe der OTC-Arzneimittel ankurbeln. Foto: APOTHEKE ADHOC
Schwäbisch-Gmünd - 

Tina Müller will bei Weleda die Pharmasparte wieder in den Vordergrund rücken. Die ehemalige Douglas-Chefin plant eine Arzneimittel-Offensive, will die Zusammenarbeit mit den Apotheken verbessern und dort auf neue Indikationsschwerpunkte setzen. Zudem ist eine Digitalkampagne geplant. „Wir geben dem Pharmabereich eine neue Bedeutung und holen ihn aus der Nische“, sagt sie.

Weleda erwirtschaftet den Großteil des Umsatzes mit Naturkosmetik, die in Apotheken und im Einzelhandel vertrieben wird. Auf die Arzneimittel fallen 20 Prozent der Erlöse. Jüngst wurde der Fokus neu gesetzt, innerhalb des Konzerns wurden zwei Geschäftseinheiten gebildet. „Mein persönliches Ziel als CEO ist, dass der Pharmabereich wächst“, sagt Müller.

Das Sortiment der anthroposophischen Arzneimittel, das derzeit rund 800 verschiedene Präparate umfasst, soll nicht weiter reduziert werden. 2012 waren es noch rund 2000 Produkte. „Die anthroposophische Medizin ist aus meiner Sicht eine sehr moderne Medizin“, sagt Müller. „Wir wünschen uns von den Apotheken, dass sie uns ihr Ohr geben und sich auf die Philosophie einlassen. Die Marke verdient es.“

Dafür wurde unter anderem in Personal investiert. Neue Geschäftsleiterin ist seit Juli Dr. Mónica Mennet-von Eiff, seit Juni verantwortet Bettina Fuchs das Marketing und der Vertriebskanal Apotheke wird seit Januar von Anika Franke geleitet. Zudem sei ein neues Innovationsteam für den Pharmabereich zusammengestellt worden, so Müller.

Auch der Außendienst wurde neu aufgestellt: 15 Angestellte gehen in die Apotheken und in Arztpraxen. Für die Apotheken wurde das Überweisergeschäft etabliert. Die Arzneimittel sollen leichter sowie für mehr Betriebe als die bislang rund 3000 Partnerapotheken zugänglich sein. Das Ziel sei, mehr Apotheken über neue Schulungsangebote und Beratung zu erreichen als per Warendruck. „Wir haben ein attraktives Konditionenmodell und die Apotheke ist handlungfähiger im Vergleich zu anderen Märkten.“

Neue klinische Studien, neues HV-Material

Müller investiert für die Pharmaoffensive unter anderem in neue klinische Studien und ins Marketing. Für das Verdauungspräparat Amara-Tropfen etwa sei eine Digitalkampagne geplant. Zudem gibt es neues HV-Material. Der Bereich der Digestion gehört zu den Indikationsgebieten, mit denen Weleda einen OTC-Schwerpunkt setzen will. Weitere Fokusbereiche sollen Auge, Erkältung, Schmerz sowie Stress & Schlaf sein.

Auch bei der „Premiumisierung“, einer der vier von Müller definierten Wachstumshebel für Weleda, wird an die Apotheken gedacht: Es soll eine Premium-Gesichtspflege für Apotheken und Parfümerien geben. „Wir möchten den Apotheken etwas Exklusives präsentieren, das es nicht im Drogerieregal gibt“, sagt Müller. Die Digitalisierung ist ein weiterer Schwerpunkt der Zukunftsstrategie des Konzerns. Seit dem Frühjahr gibt es beispielsweise einen eigenen Webshop. „Was in den Apotheken passiert, ist im Einzelhandel schon früher geschehen. Man kann den Shift zu Online nicht aufhalten, sondern nur mitgestalten. Ich habe immer dafür plädiert, den Online-Handel nicht als Feind zu sehen.“

Seit Oktober ist Müller bei Weleda. „Die Entscheidung, zu Weleda zu gehen, habe ich hier im Garten getroffen“, sagt sie. Auf dem rund 20 Hektar großen Areal bei Schwäbisch-Gmünd werden die Rohstoffe für die Arzneimittel angepflanzt und direkt für die Produktion weiterverarbeitet. Im Anbau kümmern sich rund 30 Angestellte um die Heilpflanzen. Mitunter helfen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Abteilungen bei der Ernte mit, wenn Dr. Astrid Sprenger, Leiterin des Heilpflanzenanbaus, etwa zur Ernte der Calendula-Felder aufruft.