Weleda in Angriffsstimmung Gabriele Hoberg, 16.10.2017 09:16 Uhr
Der neue Forschungs- und Entwicklungschef bei Weleda, Aldo Ammendola, will die Medikamentensparte mit klinischem und präklinischem Support international konkurrenzfähig machen. Das gilt in einer ersten Phase für bestehende OTC-Marken wie Infludoron, Neurodoron, Euphrasia, Combudoron und Arnikasalbe.
Bei einigen Produkten, ob Phytotherapeutikum, Homöopathikum oder anthroposophisch inspirierten Arzneien, gibt es auch eine klare Positionierung gegenüber den Konkurrenzprodukten, denen Weleda Marktanteile abjagen will. Das gilt für Infludoron gegen Erkältung, das sich gegen Sinupret (Bionorica), Contramutan (Klosterfrau) und Echinacea behaupten will. Direkter Konkurrent von Combudoron sei Fenistil von GlaxoSmithKline, so Ammendola.
Diese Strategie ist das Ergebnis der Unternehmensrestrukturierung der vergangenen Monate. Ammendola war im vergangenen Oktober in ein insgesamt schon wieder profitables Unternehmen eingestiegen, aber mit einer nach wie vor defizitären Medizinsparte, die bei 109 Millionen Euro Umsatz ein weiteres Jahresminus von 4,8 Prozent eingefahren hatte. Hauptursache dafür ist nach seiner Erkenntnis der Mangel an wissenschaftlicher Evidenz der alternativmedizinischen Medikamente.
Zwar war auch der Wegfall des Vertriebs des Mistelmedikaments Iscador zur Krebstherapie in Deutschland ein Grund für den Umsatzrückgang, aber in erster Linie hat sich Weleda laut Ammendola zu wenig um wissenschaftliche Belege für seine Medikamente gekümmert.
Als promovierter Biologe, selber aus der evidenzbasierten Medizin kommend, will er für die kommenden Jahre Evidenz für Weleda-Medikamente generieren. Dazu gehört an der Basis eine Umstrukturierung der Forschungsteams, das inzwischen vor allem aus Pharma-Indsidern besteht und das neue Unternehmensziel entsprechend umsetzen kann.
Im Unterschied zu Bionorica, wo er zuvor als Forschungschef tätig war, sieht Ammendola gerade nach der erfolgreichen Sanierung und Konsolidierung bei Weleda künftig deutlich mehr Gestaltungsspielraum in der Medikamentenforschung. Neben der Gewinnung von Fördermitteln für künftige wissenschaftliche Studien steht auch die Vereinheitlichung des Portfolios an, was dann eine bessere Vermarktung ermöglichen soll.
In der anthroposophischen Ausrichtung vieler Produkte sieht Ammendola keine Umsatzbremse, da nach seiner Erfahrung etliche Kunden die Produkte aufgrund von Hörensagen kaufen, ohne den philosophischen Überbau zu kennen. Auch sei die Werbung weiterhin so geplant, dass für alle pflanzlichen, homöopatischen und anthroposophischen Stoffe mehrere Lesarten der Produkte möglich seien.
Im Bereich der Hautpflegeprodukte wird in der nächsten Zeit erst einmal Wert auf eine neue Vermarktungstrategie gelegt. Dabei werden die Verpackungen geändert – wie, das wird noch nicht verraten. Aber das Branding der einzelnen Produkte durch die bekannte kräftige monochrome Farbgebung bleibt als Markenzeichen der Hautpflegeprodukte erhalten. Die Relaunches werden von der Hamburger Agentur Select Life gesteuert, die seit Kurzem die Leadagentur für Weleda ist.
Inwieweit die neue Strategie im gesättigten Markt der DACH-Region weiter Umsätze generieren kann, bleibt auch für Ammendola spannend. In Osteuropa sowie Nord- und Südamerika sieht er auf jeden Fall Umsatzpotential.