Phoenix Spezial

„Was ist Phoenix?“

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Noch vier Tage, dann laufen die beiden Ende März verlängerten Stillhalteabkommen der Merckle-Gruppe und der Gläubigerbanken aus. Am Pfingstsonntag wird sich zeigen, ob eine dauerhafte Lösung zur Abwicklung des Imperiums gefunden werden kann oder nicht. Während ein Verkauf bei Ratiopharm beschlossen und bei HeidelbergCement wahrscheinlich ist, steht die Zukunft von Phoenix noch in den Sternen. Der Konzern kämpft seit Ende vergangenen Jahres mit erheblichen Liquiditätsengpässen.

Derzeit verhandeln die beteiligten Unternehmen und die Gläubigerbanken über einen Treuhändervertrag, der den geordneten Verkauf zumindest von Teilen des Merckle-Imperiums bis Ende 2010 ermöglichen soll. Dabei stellt sich auch die Frage, welche Unternehmen und Hierarchien zu den einzelnen Firmengruppen im engeren Sinn gehören und aus welchen Geldern und Strukturen die Verbindlichkeiten überhaupt bedient werden können.

„Der Treuhänder muss als erstes die Frage beantworten: 'Was ist Phoenix?'“, sagt eine Person aus dem Unternehmensumfeld. Ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hatte im April zumindest eine Überlebens- und Sanierungsfähigkeit von Europas führendem Pharmahandelskonzern bescheinigt. Das Unternehmen sei nachhaltig wettbewerbsfähig, die Renditen branchenüblich, hieß es. Aussagen über den Wert und damit einen möglichen Verkaufspreis des Konzerns macht das streng geheim gehaltene Gutachten nicht. Im Ende Januar abgelaufenen Geschäftsjahr hatte Phoenix seinen Umsatz um 4,6 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro gesteigert; bis zu Beginn der Merckle-Krise soll das Ergebnis positiv gewesen sein.

Eine Veräußerung des Konzerns ist offenbar noch nicht beschlossen, auch wenn im ursprünglichen Stillhalteabkommen die Kapitalgeber einen „zeitnahen Verkauf“ beabsichtigt hatten. Da bei einem Komplettverkauf der Käufer Schulden von drei bis vier Milliarden Euro übernehmen müsste, halten Beobachter die Auslösung von Unternehmensteilen für wahrscheinlicher. Phoenix müsse sich selbst refinanzieren, lautet eine der Forderungen.

Kritisch ist für den Konzern, dass die Banken offenbar auf einer zügigen Tilgung der Schulden beharren. Nicht die Fremdfinanzierung, die angesichts der Größe des Konzerns eigentlich nicht ungewöhnlich ist, sondern die fehlende Liquidität sind für Phoenix derzeit das Hauptproblem. Faktisch ging der Milliardenkonzern für einen Überbrückungskredit von 320 Millionen Euro in die Knie.

Angeblich sind auch die Gläubigerbanken daran interessiert, das Gesamtinvestment bei der Merckle-Gruppe zu retten. Einzelne Kapitalgeber seien aber bereit, alle Teile des Imperiums zu zerschlagen, um ihre Einlagen zu retten, heißt es aus dem Unternehmen. Treuhänder Professor Dr. Harald Wiedmann wird nun auf einen Ausgleich der Interessen achten müssen - nicht nur im Sinne der geschaffenen Werte, sondern auch im Interesse der in einigen Unternehmensbereichen verbliebenen Minderheitsaktionäre. Keine einfache Aufgabe angesichts der Tatsache, dass die verschachtelte Unternehmensgruppe derzeit faktisch eigentümer- und führungslos daher kommt.

Die Vereinbarungen fordern bereits jetzt einen hohen Tribut: Im Gegenzug dafür, dass die Gläubiger ihre Forderungen vorerst nicht fällig stellen, haben die Noch-Gesellschafter der Familie Merckle die Kontrolle abgeben müssen. Innerhalb des Konzerngeflechts dürfen keine Gelder bewegt oder Gewinne ausgeschüttet werden. Dadurch drohen einzelnen Unternehmen neue Liquiditätsengpässe. Im Konzern befürchtet man einen regelrechten Dominoeffekt. Außerdem sind sämtliche Rückzahlungen von Krediten ausgeschlossen, wobei die Zinsen weder gestundet noch die Zinssätze festgeschrieben sind. Nach vielen Jahren, in denen Adolf Merckle das Sagen hatte, sind jetzt die Banken am Zug. Die Uhr tickt.

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