„Nie mehr unvorbereitet in die Apotheke“

Warentest: Jedes vierte OTC-Medikament fällt durch

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Berlin -

Stiftung Warentest rät von einem Viertel aller OTC-Präparate ab. Vor allem Kombipräparate fallen bei der Auswertung der hauseigenen Datenbank durch – oft würden sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen und das Risiko für Wechselwirkungen steigen. Außerdem seien sie oft zu teuer. Die aufgewärmten Zahlen sind auch eine Werbung für die Arzneimitteldatenbank der Stiftung.

„Nie mehr unvorbereitet in die Apotheke“, wirbt Stiftung Warentest: 3,50 Euro kostet ein Monat Zugriff auf die Datenbank des Verbrauchermagazins. Dafür erhalte man dann die Bewertungen unabhängiger Experten zu rund 9000 Medikamenten, 2000 davon rezeptfrei, Informationen zu den jeweiligen Wirkstoffen und ausführliche Informationen zu 132 Krankheiten. Die potentiellen Abonnenten werden deshalb mit ein paar Zahlen angefixt: Rund 500 von 2000 rezeptfreien Arzneimitteln seien nicht empfehlenswert, darunter auch Schwergewichte wie Wick MedNait, Aspirin Complex oder Thomapyrin.

Dass das so ist, hat demnach ein Team von unabhängigen Fachleuten um den Pharmazeuten und Gesundheitswissenschaftler Professor Dr. Gerd Glaeske herausgefunden. „Nur weil ein Arzneimittel in Deutschland zugelassen ist, muss es nicht empfehlenswert sein“, sagt der. Denn viele Wirksamkeitsstudien von Herstellern würden den Ansprüchen des Fachgremiums von Warentest nicht genügen. „Die Studien laufen oft zu kurz“, kritisiert Glaeske. „Nebenwirkungen, die häufig erst nach längerer Einnahme entstehen, lassen sich so nicht erkennen.“ Bei Glaeske und seinen Kollegen, darunter die Pharmazie-Professoren Renke Maas und Bruno Müller-Oerlinghausen, seien die Kriterien hingegen „strenger als bei den Zulassungsbehörden“.

Am schlechtesten wurden Arzneimittel demnach bewertet, wenn die therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt oder im Vergleich zu seinen Nebenwirkungen gering ist. Das sei beispielsweise bei einigen Mitteln gegen Magen-Darm-Leiden wie Abtei-Abführkapseln mit Rizinusöl oder Kräuterlax mit Aloe bei Verstopfung so. „Rizinusöl wirkt drastischer als geeignete Mittel und kann häufiger Nebenwirkungen auslösen“, heißt es da. Das ist der Kritikpunkt bei vier der fünf Abführmittel, die in einer Kostprobe aus 35 OTC-Präparaten aus der „Durchgefallen“-Liste von Warentest aufgeführt wurden. Dasselbe wie für Rizinusöl – das auch in Abführkapseln von Doppelherz zum Einsatz kommt – gilt demnach für Aloe, das in Kräuterlax und den Chol-Kugeletten Mono verwendet wird. Als Alternative Geeignete werden Lactulose, Macrogol oder für den kurzfristigen Einsatz Sennes, Bisacodyl oder Natriumpicosulfat genannt.

Besonders rät Warentest wie schon zuvor von Kombipräparaten ab. Sie machen 20 der 35 Arzneimittel aus, die in der Probe aufgeführt werden. So wird beispielsweise bei Doregrippin-Tabletten darauf hingewiesen, dass die Kombination aus einem Schmerzmittel und einem anregenden Mittel, hier Paracetamol und Phenylephrin, nicht sinnvoll sei. Nicht sinnvoll sind demnach auch die Kombinationen von Grippostad C, Wick DayMed, Wick MediNait und Aspirin Complex.

Ähnlich sieht es bei Halsentzündungen aus. So sei die Kombination aus Cetylpyridiniumchlorid und Benzocain in Dolo-Dobendan ebenfalls nicht sinnvoll. „Antiseptika wie Cetylpyridiniumchlorid sind gegen Viren nur lückenhaft oder gar nicht wirksam. Bakterien in tieferen Schleimhautschichten werden nicht erreicht. Das örtlich betäubende und daher schmerzstillende Benzocain kann leicht Allergien hervorrufen“, so die Einschätzung.

Auch bieten bestimmte Kombinationen oft keinen zusätzlichen therapeutischen Vorteil, bergen aber das Risiko der unterschiedlichen unerwünschten Wirkungen der jeweiligen Wirkstoffe. Das sei beispielsweise bei den Spalt-Schmertabletten, Thomapyrin Classic, Titralgan oder Neuralgin so. Bei Neuralgin komme noch hinzu, dass das enthaltene Koffein den Missbrauch fördern könne. Ebenfalls ein häufiger Kritikpunkt ist die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels. Die sei in vielen Fälle nicht ausreichend nachgewiesen. So sei von Dobendan Direkt abzuraten, weil die therapuetische Wirksamkeit des enthaltenen Schmerzmittel Flurbiprofen – auch im Vergleich zu Schmerztabletten zum Einnehmen – nicht ausreichend nachgewiesen sei.

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