Eine Akupressur-Bandage, die man um die Wade legt und die „hilfreich bei chronischen Schmerzen im Lendenbereich, Ischias und Piriformis-Syndrom“ ist: So bewarb ein Sanitätsversand das Medizinprodukt Insta Life in der Fernsehzeitschrift rtv. Leider gab es für deratige Wirkversprechen keinerlei Belege.
Die Bandage übe Druck auf den Zwillingsmuskel aus, heißt es in der Anzeige weiter. „So wird der Schmerz unterbrochen, ehe er sich auf den restlichen Körper ausdehnen kann.“ Auch gegen chronische Schmerzen im unteren Rücken soll das Produkt helfen. Diese Aussagen seien wissenschaftlich unbelegt, kritisierte der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) und bekam vor dem Landgericht Karlsruhe recht. Die Werbung sei „irreführend“ und darum einzustellen, so der Senat.
Der Versandhandel beruft sich auf eine klinische Studie von 2015 aus einer spanischen Klinik. Die Akupressurmethode mittels Wadenbandage sei seit 1965 wissenschaftlich belegt. Das Gericht sah das jedoch anders: Die klinische Studie genüge den Mindestanforderungen an wissenschaftliche Forschung nicht und könne die beworbenen Heilwirkungen nicht rechtfertigen. Die Studie habe methodisch Mängel und sei nie veröffentlicht worden. Die vermeintlichen Belege zog der Versandhandel aus einem Protokoll, dass die Klinik für die Ethikkommission erarbeitet hatte, um eine Zulassung der Studie zu erwirken.
Darin wird eine Arbeit von 1965 dargestellt, die sich mit der „Gate Theory“ beschäftigt, die eine Schmerzlinderung durch Stimulation bestimmter Nervenbahnen postuliert. Eine Absicherung dieser Theorie durch experimentelle Studien erfolgte nicht. Diese Einschränkung wird von den Wissenschaftlern der spanischen Klinik im Protokoll deutlich gemacht, in der Werbung aber unterschlagen.
Der Verkauf von Insta Life ist hart umkämpft. Das Produkt des Herstellers ISL ist aus dem Teleshopping bekannt und wird in zahlreichen Online-Shops verkauft. Die Preise variieren von 17 bis 30 Euro. Um die Kunden auf ihre Seite zu locken, überbieten sich die Versandhändler offenbar mit Werbeversprechen, die so vom Hersteller nicht gemacht werden. Allein der VSW hat bisher ein Dutzend Anbieter abgemahnt.
Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig, da der Versandhandel Berufung eingelegt hat. Bis der Fall entschieden ist, darf er zunächst weiter werben. Ein Termin für die nächste Verhandlung steht noch nicht fest, allerdings ist das vielleicht gar nicht mehr nötig. „Wir sind in ernsthaften Verhandlungen, das Verfahren abzuschließen“, sagt Birgit Lange, Geschäftsführerin des VSW.
Gesundheitsbezogene Werbung ist generell nur erlaubt, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Werden fachlich umstrittene Meinungen postuliert, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen, ist dies ebenfalls unzulässig.
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