Apotheken-Pick-up

„Vorteil24“ in 80 Linda-Apotheken Alexander Müller, 15.06.2011 14:44 Uhr

Berlin - 

„Vorteil24“ ist unter den Linda-Apothekern salonfähig. Das Abholkonzept wird zunehmend integraler Baustein der Apothekenkooperation. In den vergangenen Wochen wurde das Pick-up-Modell für weitere Mitglieder geöffnet. Nach Angaben der MVDA-Tochter sind aktuell 80 Apotheker an Bord, mehr als 300 seien bereit für die Umsetzung. Obwohl damit knapp jede vierte Mitgliedsapotheke bereits Interesse signalisiert hat, spricht man bei Linda nicht von einem Roll-out, sondern von einer „Ausweitung der Testphase“.

Im Sommer 2010 hatten sich zunächst 30 Linda-Apotheken an einem Testprojekt von „Vorteil24“ beteiligt. Dabei bestellen die Kunden ihre Arzneimittel bei der niederländischen Montanus Apotheke und holen sie in der Linda-Apotheke ab. Die Patienten erhalten Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, die teilnehmenden Apotheken bekommen eine Provision abhängig vom Preis des Medikaments.

Nachdem das Pick-up-Konzept in der Fachöffentlichkeit hohe Wellen geschlagen hatte, informierte der MVDA im Herbst auf seinen Mitgliederversammlungen über „Vorteil24“. Aktuell ist man nach einer ersten Auswertung der Kundenresonanz und betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sehr zufrieden. Die Apotheken könnten mit „Vorteil24“ Kunden neu- oder zurückgewinnen und langfristig binden. Damit könnten sie über die Systemmodalitäten hinaus einen spürbaren wirtschaftlichen Vorteil erzielen, sagt eine Sprecherin.

Konkrete Zahlen hat Linda bislang nicht vorgelegt. Doch die Ausweitung der Testphase lässt vermuten, dass es der Kooperation um mehr als eine Protestaktion geht. Die neuen Partner sollen sukzessive dazu genommen werden, abgewiesen wird niemand. Auch außerhalb von MVDA/Linda hätten Apotheken Interesse angemeldet; diese müssten aber erst der Kooperation beitreten, so die Sprecherin. Von einem Rollout will man bei Linda erst sprechen, wenn die Aktion durch ein Marketingkonzept aus der Zentrale begleitet wird. Wann es soweit sein wird, steht der Sprecherin zufolge noch nicht fest.

[Seite]Nach wie vor umstritten ist allerdings, ob „Vorteil24“ rechtlich überhaupt zulässig ist. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barabara Steffens (Bündnis90/Die Grünen) hatte Anfang März angekündigt, mit allen aufsichtsrechtlichen Mitteln gegen das Modell anzugehen. Auch die Betreiber der Montanus Apotheke mussten sich schon vor dem Finanzgericht Düsseldorf wegen der Entrichtung der Mehrwertsteuer verantworten.

Linda verweist dagegen auf Entscheidungen des Landgerichts und des Verwaltungsgerichts Aachen. Beide Gerichte hätten die Zweifel am Modell zurückgewiesen. Allerdings hatten die Richter in beiden Fällen nicht in der Sache entschieden; die Verfahren wurden zum Teil wegen Formfehlern eingestellt. Der Kreis Euskirchen hat jedoch mittlerweile eine Ordnunsgverfügung erlassen. Dagegen hat der betroffene Apotheker geklagt, das Verfahren ist wieder beim Verwaltungsgericht anhängig.

Linda findet es normal, dass neue Konzepte kritisch beäugt werden. Doch die deutschen Apotheken müssten sich gerade nach dem AMNOG den wettbewerblichen und finanziellen Herausforderungen stellen, argumentiert man in Köln. Nach außen wird das Konzept als einzig wirksames Mittel gegen Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten verteidigt: „Auch der grenzüberschreitende Versandhandel und die fachfremden Pick-up-Modelle existieren trotz aller politischen Versprechungen nach wie vor“, so die Sprecherin.