Voltaren & Co.: Haleon kommt 2023 Patrick Hollstein, 18.07.2022 14:27 Uhr
GlaxoSmithKline (GSK) hat seine OTC-Sparte unter dem Namen Haleon an die Börse gebracht. Bis die Umbenennung in deutschen Apotheken sichtbar wird, wird es aber noch eine Weile dauern.
„Die Umstellung erfolgt voraussichtlich innerhalb des nächsten Jahres“, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage. Zum Portfolio von Haleon gehören erfolgreiche Marken wie Voltaren, Otriven, Centrum, Vitasprint und Chlorhexamed oder auch Panadol, Advil und Theraflu. Auch im Mass Market ist der Konzern aktiv und insbesondere im Bereich der Mundhygiene mit Marken wie Sensodyne, Dr. Best, Odol Med 3 und Parodontax erfolgreich. Mehrere kleinere Marken wurden zuletzt verkauft, unter anderem Cetebe und Lemocin an Stada sowie Baldriparan und Spalt an PharmaSGP.
Haleon ist laut GSK an der Börse das erste reine OTC-Unternehmen überhaupt. Der Geschäftsbereich firmierte zuletzt unter dem Namen GSK Consumer Healthcare, geht aber auf mehrere Hersteller zurück: Novartis hatte seine Aktivitäten im nicht verschreibungspflichtigen Bereich 2015 in ein Gemeinschaftsunternehmen mit GSK eingebracht, vier Jahre später folgte der Merger mit dem Geschäftsbereich von Pfizer.
GSK behält nur 6 Prozent, der Rest ging an die eigenen Aktionäre. Pfizer-CEO Albert Bourla hatte angekündigt, die Sparte sei kein strategisches Investment. Allerdings werde man in disziplinierter Weise verkaufen, sodass der Aktienkurs nicht in Mitleidenschaft gezogen werde. Tatsächlich sieht die Vereinbarung bestimmte Sperrfristen vor.
Erster Handelstag
Der erste Handelstag brachte keine großen Überraschungen: Nach einem ersten Kurs von 330 Pence, der den Konzern mit rund 30 Milliarden Pfund bewertete, kosteten die Titel zuletzt mit 316 Pence etwas weniger. Damit avancierte Haleon allerdings auf Anhieb zu einem der größten börsennotierten Unternehmen in Großbritannien. Die GSK-Aktien notierten angesichts der Haleon-Abspaltung fast 20 Prozent tiefer, doch bekamen die GSK-Aktionäre je Papier einen Haleon-Titel ins Depot gebucht. Inklusive dessen Wert war die Haleon-Abspaltung für die GSK-Anteilseigner im Großen und Ganzen ein Nullsummenspiel.
Vor der Abspaltung hatte der frühere Mutterkonzern, der sich jetzt auf verschreibungspflichtige Medikamente und Impfstoffe fokussieren will, Übernahmeofferten mehrerer Branchengrößen für den Bereich abgelehnt. So hatte etwa Unilever im Januar 50 Milliarden Pfund geboten, und auch Nestlé wurden Kaufüberlegungen nachgesagt. GSK hatte die Unilever-Offerte als zu niedrig abgelehnt und an dem bereits in die Wege geleiteten Abspaltungsplan festgehalten. Die jetzt deutlich niedrige Bewertung von Haleon könnte nach Einschätzung von Experten Fragen bei GSK-Investoren aufwerfen.
Im Vorfeld des Börsengangs gab es aber noch einen warmen Geldregen für die beiden heutigen Eigentümer: Im Rahmen einer außerordentlichen Dividende fließen 7 Milliarden Britische Pfund in die Kasse von GSK, weitere 3 Milliarden Pfund an Pfizer. Die Verschuldung steigt dadurch auf mehr als das Vierfache des operativen Ergebnisses (Ebitda), soll aber bis Ende 2024 wieder auf weniger als das Dreifache sinken. Zwar kostet der Betrieb des neuen Unternehmens bis zu 200 Millionen Pfund mehr pro Jahr. Doch alleine die Integration von Pfizer-Marken soll am Ende 600 Millionen Pfund an Einsparungen pro Jahr bringen, die noch nicht in vollem Umfang realisiert wurden. Der Umsaz von 9,5 Milliarden Pfund soll alleine in diesem Jahr um 4 bis 6 Prozent wachsen.
Ein Grund für die laut GSK größte Umstrukturierung in der Geschichte: Der Aktienskurs hinkt seit einiger Zeit der Entwicklung vieler anderer Pharma-Aktien hinterher. Mit der Fokussierung auf den Pharmabereich will GSK diese Entwicklung stoppen. Der Konzern wird an der Börse derzeit mit rund 70 Milliarden Pfund bewertet.
Haleon muss jetzt beweisen, dass es mittelfristig das angestrebte jährliche Umsatzwachstum von 4 bis 6 Prozent erreichen und gleichzeitig die von GSK übernommenen Schulden abbauen kann.