Der „zeitnahe Verkauf“ von Europas größtem Pharmahandelskonzern Phoenix als Ganzes oder in Teilen ist offenbar längst beschlossene Sache. Dies geht aus dem Stillhalteabkommen hervor, das Banken und Eigentümer nach dem Tod von Firmenchef Adolf Merckle im Januar geschlossen hatten und das vor kurzem bis Ende Mai verlängert wurde. In Firmenkreisen wird von einer „vollständigen Veränderung der Machtverhältnisse bei Phoenix“ gesprochen. Wichtige wirtschaftliche Entscheidungen seien derzeit von einem Gremium der Kapitalgeber abhängig.
Ein Bankenkonsortium hatte Phoenix Anfang Januar einen Überbrückungskredit in Höhe von 320 Millionen Euro gewährt. Bis eine endgültige Lösung zur Tilgung der Verbindlichkeiten inklusive der fortlaufenden Zinsen gefunden ist, liegen alle Zahlungen im Konzern auf Eis: Planmäßige und außergewöhnliche Rückzahlungen von Bankverbindlichkeiten sind ausgeschlossen, Gewinnausschüttungen sind untersagt. Auch innerhalb des verschachtelten Konzerns dürfen keine Gelder bewegt werden.
Dies könnte aufgrund der zahlreichen Abhängigkeiten und Verflechtungen im Konzernverbund zum Problem werden. Gemäß einer zwingenden Verpflichtung des Abkommens dürfen fällige Darlehen von Tochterunternehmen nicht an den Konzern zurückgezahlt werden; vielmehr wird ein Rangrücktritt gegenüber bestimmten außen stehenden Kreditgebern erklärt.
Auf diese Weise soll verhindert werden, dass liquide Mittel vor der Vereinbarung eines langfristigen Sanierungskonzepts abfließen. Für die betroffenen Unternehmen drohen angesichts eigener Verbindlichkeiten Liquiditätsengpässe bis hin zur Zahlungsunfähigkeit. Auch Verpfändungen könnten schnell zum Bumerang werden.
Derzeit traut sich vermutlich niemand bei Phoenix eine Prognose für die kommenden Jahr oder gar eine abschließende Beurteilung der Lage zu. Durch das Stillhalteabkommen dürfte zumindest vorerst die Liquidität des Konzerns gesichert sein. Im Umfeld geht man davon aus, dass alle Beteiligten an einer Fortführung der bestehenden Aktivitäten interessiert sind. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine komplette Umstrukturierung erfolgen wird.
Der Ende Februar ernannte Treuhänder Professor Dr. Harald Wiedmann soll prüfen, wie die Außenstände geordnet und bedient werden können - im Zweifel auch durch Veräußerung einzelner Vermögensteile oder von Beteiligungen. Ende Mai dürfte über die Zukunft des Riesen entschieden werden.
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