Wegen Werbeaussagen für sein Produkt „Vitasprint Immun pro“ hat Haleon immer noch rechtlichen Ärger. Das Oberlandesgericht München (OLG) erklärte in zweiter Instanz die Behauptung für unzulässig, das Präparat sorge für ein „gesundes“ Immunsystem. Die teils abstrusen Ausflüchte des Herstellers ließ das Gericht nicht gelten.
Laut OLG darf für das Nahrungsergänzungsmittel mit den Vitaminen C, D und B6 sowie Zink nicht mit der Aussage geworben werden, es sorge für ein „gesundes Immunsystem“ oder eine „gesunde Immunfunktion“. Denn dies sei nicht gleichbedeutend und inhaltlich übereinstimmend mit dem Begriff „normales Immunsystem“, der laut Health Claims Verordnung (HCV) zulässig ist.
„Nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers deutet das geänderte Adjektiv ‚gesund‘ gegenüber ‚normal‘ nämlich darauf hin, dass dem Nahrungsergänzungsmittel auch dann eine Funktion zukommt, wenn der Ausgangszustand des Verzehrenden nicht als ‚gesund‘ bezeichnet werden kann. Demgegenüber stellt der zugelassene Begriff mit der Verwendung von ‚normal‘ klar, dass es ausschließlich um eine Funktionsunterstützung bei gesunden Verbrauchern mit normalem Immunsystem geht.“
Die Vorgaben hätten den Zweck, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht in die Nähe von Produkten gerückt werden, die „bei einem im Ausgangspunkt nicht oder nicht vollständig gesunden Anwender zum Einsatz kommen“.
Nicht überzeugen ließ sich das OLG von der Argumentation, dass Nahrungsergänzungsmittel sich per definitionem nur an gesunde Menschen richteten. Es gehe nicht um „begriffliche Abgrenzungs- und Definitionsfragen im europäischen Sekundärrecht zu Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln“ – dem Durchschnittsverbraucher seien „die entsprechenden Rechtsinstrumente und deren gewählte Kategorien im Einzelnen ebenso wenig bekannt wie deren von der EU-Behörde EFSA vorgenommenen Interpretationen“.
Dass der Hersteller die Aussage „zur Stärkung Ihrer Abwehrkräfte“ damit rechtfertigte, dass ein Lebensmittel und damit auch ein Nahrungsergänzungsmittel der Ernährung diene und deshalb immer zu einer „Stärkung“ führe, ließ das OLG ebenfalls nicht gelten. Niemand nehme an, sich durch das Produkt in ernährungs- oder gar kalorienbezogener Weise „stärken“ zu können – vielmehr verstehe man die Formulierung dahingehend, dass bislang nicht hinreichend gestärkte Abwehrkräfte durch das Produkt eine Stärkung erfahren würden.
Dass mit der Aufforderung „Aktivieren Sie jetzt Ihre Abwehrkräfte“ eigentlich die Aktivierung des Produkts durch Aufdrehen der Verschlusskappe und Vermischen von Pulver und Flüssigkeit gemeint sei, fanden die Richter nun ganz absurd: „Nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers ist das im Imperativ verwendete Verb ‚aktivieren‘ auf seine Abwehrkräfte bezogen, nicht auf die Verpackung, das Gesamtprodukt, die Flasche, die Verschlusskappe oder deren Drehfunktion. Die Werbeaussage suggeriert infolgedessen, dass das Produkt einer Verwendung zugänglich ist, bei der die Abwehrkräfte in einem weniger aktiven oder gar inaktiven Ausgangszustand sind und durch das Produkt und dessen Verzehr eine Aktivierung erfahren.
Haleon hat die Werbung bereits angepasst, nur von einer Unterstützung des Immunsystems ist noch die Rede. Und die Aufforderung lautet nunmehr unmissverständlich: „Aktivieren Sie Vitasprint Pro Immun beim Drehen der Verschlusskappe und nehmen Sie ein Fläschchen täglich zu sich.“
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