Vita-Kick vs. Vitasprint Patrick Hollstein, 22.10.2014 15:13 Uhr
Tetesept gibt es nicht nur in Drogerien und Supermärkten, sondern auch in vielen Apotheken. Unter Mitbewerbern hat die Selbstmedikationssparte des Frankfurter Herstellers Merz dagegen nicht unbedingt einen guten Ruf. Produkte, die in der Offizin erfolgreich sind, werden gnadenlos kopiert und in den Mass Market gebracht. Jüngstes Beispiel ist Vita-Kick – ein „Generikum“ zu Vitasprint von Pfizer.
Vitasprint war 1975 eingeführt worden und nach der Wyeth-Übernahme zu Pfizer gekommen. Mit Abverkäufen im Wert von geschätzten 50 Millionen Euro auf Basis der Verkaufspreise kommen die Trinkfläschchen im Tonika-Segment auf einen Marktanteil von rund drei Viertel. Zunächst hauptsächlich von Ärzten verordnet, ist das Produkt als traditionelles Arzneimittel heute typischerweise in der Sichtwahl zu finden. Allerdings taucht Ware immer wieder auch in Drogeriemärkten auf.
Dort gibt es seit kurzem Konkurrenz: Im August brachte Merz sein Produkt „Tetesept B12 Vita-Kick“ auf den Markt – ebenfalls als Ampullen mit Pulverreservoir und Lösungsmittel. Die Aufmachung ist an das Original angelehnt, selbst der Claim klingt bekannt: „Energie auf Knopfdruck für Körper und Geist“, heißt es bei Pfizer. Merz titelt: „Schnelle Energie + Leistungsfähigkeit für Körper und Geist“.
Unterschiede gibt es in der Zusammensetzung: Anders als beim Original sind nicht 500, sondern nur 50 Mikrogramm Cyanocobalamin enthalten, was laut Merz aber immer noch dem 2000-Fachen des Tagesbedarfs entspricht. Wie Vitasprint enthält Vita-Kick außerdem 60 Milligramm Glutamin sowie 40 Milligramm Serin, was beim Original in Form von DL-Phosphonoserin geliefert wird. Zusätzlich sind 16 Milligramm Niacin enthalten. Ob Merz wie Pfizer beim italienischen Lohnhersteller Doppel Farmaceutici produzieren lässt, ist nicht bekannt.
Merz bietet die Packungsgröße mit sieben Stück an; diese ist bei Pfizer zwar seit Jahren gelistet, aber nicht verfügbar. Im Einkauf liegt Vita-Kick nur knapp unter dem Originalprodukt; im Geschäft mit Großkunden wie dm & Co. spielen Listenpreise allerdings vermutlich keine allzu große Rolle. Für Endverbraucher kostet Vita-Kick auf Stückbasis je nach Anbieter im Netz ungefähr halb so viel wie Vitasprint.
Vita-Kick ist nicht das einzige Produkt von Merz, das an bekannte Marken erinnert: Vor einem Jahr kam mit Anginosan ein Produkt auf den Markt, das den Anginetten von Klosterfrau ähnlich sieht. Bei der Nasensalbe werden Assoziationen zu Bepanthen von Bayer geweckt, eine Savannen-Szene wie in der Werbung von Umckaloabo (Schwabe) hat es auf die Verpackung von Kapla-Pelargo geschafft.
Tetesept gibt es als Marke seit 1966. Kurz darauf wurde als erstes Erkältungsmittel der Hustensaft eingeführt. In den 1990er Jahren kamen weitere Gesundheitsprodukte wie Johanniskraut-Kapseln dazu. Zudem wurden die Vitamin- und Mineralstoffprodukte der Schwestermarke Tetefit integriert.
Vor einigen Jahren rutschte der Bereich in eine Krise: Im September 2008 hatte Merz ein „medizinisch dezentes und zurückhaltendes Design“ für alle Tetesept-Produkte eingeführt. Die Umsätze der Erkältungsbäder, Nahrungsergänzungsmittel und Bronchialsalben gingen daraufhin schlagartig zurück.
Als Krisenmanager wurde 2009 Werner Lehmann geholt. Der erfahrene Manager hatte gerade erst bei Merck die Verantwortung für das OTC-Geschäft übernommen; zuvor hatte er unter anderem für Johnson & Johnson, Roche und Procter & Gamble gearbeitet.
Mit der Neuausrichtung ging es bergauf: Die Umsätze im Bereich Consumer Care legten zwischen 2009/10 bis 2013/14 von 43 auf 68 Millionen Euro zu. Selbst die Schlecker-Pleite konnte das Wachstum nicht bremsen: Trotz des Wegfalls des Großkunden entwickelte sich die Sparte 2012/13 in Deutschland mit einem Plus von 11 Prozent prächtig – als „erfolgreichstes Unternehmen im deutschen Gesundheits-Massmarket“.
Im vergangenen November übernahm Frank Baldauf die Leitung der Sparte, der zuvor Vertriebschef bei Colgate-Palmolive war. Lehmann ist als strategischer Berater weiter an Bord.