Die Drogeriemarktkette Schlecker ist für gewöhnlich zurückhaltend, wenn es um Informationen über die Kooperation mit der niederländischen Versandapotheke Vitalsana geht. Tiefere Einblicke in das Geschäftskonstrukt gewährt jetzt ein Schriftsatz von Vitalsana-Anwälten an das Landgericht (LG) München I. Darin fordert die Schlecker-Tochter die Verlegung eines von der Wettbewerbszentrale angestrengten Prozesses an das Landgericht Ulm. In dessen Bezirk liegt auch die Schlecker-Zentrale in Ehingen.
Im Antrag heißt es, Vitalsana habe eine selbständige Filiale in Ehingen. Auch der Geschäftsführer Klaus Hübner habe seinen Wohnsitz im Bezirk des LG Ulm. Hübner verfügt laut Schriftsatz nicht nur in Heerlen, sondern auch am Stammsitz der Konzernmutter Schlecker über ein eigenes Büro, „um die für Deutschland maßgeblichen Aktivitäten vor Ort betreuen zu können“.
Diese Aktivitäten umfassen laut Schreiben Marketingmaßnahmen, Verhandlungen sowie Vertragsabschlüsse mit Lieferanten, Krankenkassen, Dienstleistern und Logistikpartnern. Büro und Besprechungszimmer hätten bereits „lange vor dem Zeitpunkt der Klageerhebung“ bestanden.
Da verschiedene Konzerngesellschaften unter der gleichen Adresse firmieren, werde im Eingangsbereich nur allgemein auf die Schlecker-Gruppe hingewiesen. Den Geschäftspartnern sei diese Niederlassung bekannt. Vitalsana nennt beispielhaft einige Unternehmen, verzichtet jedoch „zur Vermeidung von Repressalien durch die Apothekerschaft gegenwärtig auf die Benennung weiterer Firmen“.
Aus der Niederlassung in Ehingen stimme sich Vitalsana „zu grundsätzlichen strategischen Fragen“ mit Schlecker ab, heißt es weiter. Die Hilfe von oben scheint weitreichend zu sein: „Bei größeren und komplexeren Einkaufsverhandlungen stehen auch erfahrene Mitarbeiter der Konzernmutter zur Seite“, schreibt Vitalsana. Unterstützung gibt es demnach auch von der Rechts- sowie der Personalabteilung von Schlecker.
Besonders betont wird die Kooperation mit der ApDG, die für Schlecker die Großhandelsaktivitäten übernimmt und deren Geschäftsführer ebenfalls Hübner ist. Die Büros von Vitalsana und ApDG befänden sich in räumlicher Nähe, heißt es im Schriftsatz.
In welchem Ausmaß die Kooperation zwischen Schlecker und Vitalsana überhaupt vom niederländischen Herleen aus betrieben wird, bleibt nach den Ausführungen der Vitalsana-Anwälte offen.
Die Klage der Wettbewerbszentrale gegen die Vitalsana sollte eigentlich heute vor dem LG München I verhandelt werden. Doch Vitalsana hat gut eine Woche vor der mündlichen Verhandlung beantragt, den Fall nach Ulm zu verweisen. Vitalsana hatte zudem vorgebracht, dass nicht die Zivilkammer, sondern die Kammer für Handelssachen zuständig sei. Auch diesem Antrag wurde stattgegeben, wie das Gericht gegenüber APOTHEKE ADHOC bestätigte.
Die Wettbewerbszentrale hatte Vitalsana verklagt, weil aus der Werbung von Schlecker nicht deutlich werde, dass bei einer Arzneimittelbestellung eine ausländische Versandapotheke Vertragspartner des Kunden sei und nicht die Drogeriekette selbst. Außerdem biete Vitalsana pharmazeutische Beratung ausschließlich über eine kostenpflichtige Beratungshotline und nur dann, wenn der Kunde zuvor in die Aufzeichnung des Gesprächs einwilligt habe.
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