Bei der börsennotierten Stammzelldatenbank Vita 34 ist es erneut zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Einer Tochterfirma könnte der Entzug der Herstellungserlaubnis drohen, heißt es in einer Pflichtveröffentlichung.
Aufgrund eines internen Hinweises habe man Ermittlungen bei einer kleinen Tochtergesellschaft durchgeführt, so das Management von Vita 34. Bis zu 1700 Nabelschnurblutproben könnten von möglichen Unregelmäßigkeiten im Hinblick auf die Beachtung medizinrechtlicher Vorgaben betroffen sein: Dabei gehe es zum einen die notwendige Qualifikation einer leitenden ärztlichen Person und zum anderen um formale Fehler bei der Dokumentation von einem Teil der Proben.
Nach Einschätzung des Vorstands berühren die Vorfälle ausschließlich regulatorische Fragen; die biologische Qualität der Proben sei nicht betroffen. Dennoch könne es passieren, dass die Proben für die medizinische Behandlung nicht zulässig seien oder eine zusätzliche Genehmigung für die Verwendung erforderlich sei. Außerdem könne man „Auswirkungen auf die Herstellungserlaubnis“ der Tochtergesellschaft nicht ausschließen.
Die Anzahl der betroffenen Proben entspricht laut Vorstand etwa 0,2 Prozent aller von der Gruppe gelagerten biologischen Proben. Proben von Kunden der Vita 34 sowie anderer Tochtergesellschaften seien nicht betroffen. Insgesamt haben nach Firmenangaben Kunden aus rund 50 Ländern bereits mehr als 930.000 Einheiten an körpereigenen Zellen als Ausgangsmaterial für die medizinische Zelltherapie im Dampf von flüssigem Stickstoff einlagern lassen.
Ob und in welchem Ausmaß ein möglicher finanzieller Schaden entstehe, könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilt werden. „Sollten sich die dargestellten Risiken im vollen Umfang realisieren, schätzt Vita 34 die mögliche finanzielle Belastung für die Tochtergesellschaft in den kommenden Jahren auf einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag.“ Bei der Sachverhaltsaufklärung werde man eng und transparent mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.
1997 in Leipzig gegründet, ist Vita 34 nach eigenen Angaben heute die mit Abstand führende Zellbank in Europa und die drittgrößte weltweit. Als Full-Service-Anbieter für die Kryokonservierung decke man alle Prozesse von der Entnahmelogistik über die Verarbeitung bis hin zur Lagerung von Stammzellen aus Nabelschnurblut, Nabelschnurgewebe und anderen postnatalen Geweben an.
2021 hatte das Unternehmen den polnischen Mitbewerber PBKM („Polski Bank Komórek Macierzystych“) übernommen, danach verdoppelte sich der Umsatz auf knapp 70 Millionen Euro. Die Alteigentümer um den Finanzinvestor AOC Health sind seitdem die größten Aktionäre. Michael Köhler, Gründer und Großaktionäre von Redcare, war bereits 2020 ausgestiegen, sein Bruder sitzt allerdings nach wie im Aufsichtsrat.
Doch auch bei PBKM musste das Management zunächst über Unregelmäßigkeiten informieren. Um sich vom Kerngeschäft unabhängiger zu machen, das zuletzt spürbar hinter den Erwartungen gelegen hatte, wollte sich Vita 34 verstärkt dem Bereich der Zelltherapie widmen. Die PBKM-Tochter FamiCordTx hatte schon 2020 exklusive Lizenzrechte zur Nutzung der CAR-T-Technologie eines US-Biotechunternehmens erworben, auf deren Grundlage man den Einstieg in die Krebsimmuntherapie schaffen wollte.
Doch offenbar hätte der Lizenzgeber die Rechte gar nicht in dem für das Projekt erforderlichen Umfang vergeben können. Daher wurde in den USA eine Klage gegen den Lizenzgeber eingereicht, parallel fänden Nachverhandlungen mit allen beteiligten Parteien statt, um gültige Vereinbarungen zur Nutzung der Technologie zu schließen. „Sollte FamiCordTx nicht in der Lage sein, die CAR-T-Lizenz durch eine alternative Technologie zu ersetzen, muss FamiCordTx diese Technologie selbst entwickeln, was zusätzliche Finanzmittel erfordert und die Entwicklung der CAR-T-basierten Technologie verzögern wird.“
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