Arzneimittelfälschungen

„Viagra24“ und das Altenheim in Pankow Alexander Müller, 29.04.2011 15:26 Uhr

Berlin - 

Potenzmittel zählen zu den Versand-Klassikern, weil sich viele Kunden in der Apotheke nicht genieren wollen. Damit sie sich auch noch den Gang zum Arzt sparen können, gibt es im Internet zahlreiche Shops, bei denen man Viagra, Cialis oder Levitra ohne Rezept bestellen kann. Das ist in Deutschland verboten, doch die Anbieter versuchen mit allen Tricks, die Verbraucher in Sicherheit zu wiegen.

Die wenigsten Kunden werden heute noch auf mühsam aus dem Chinesischen übersetzte Spammails hereinfallen. Wichtig für die Pillenshops ist deshalb ein seriöser erster Eindruck. Und der beginnt mit dem Namen: „EU-Apotheke“, „Pharmatheke“ oder „Swiss Apotheke“ klingen nicht verdächtig und sehen auf den ersten Blick normalen Versandapotheken ähnlich. „Viagra24“ kommt schon etwas zwielichtiger daher. Vielleicht haben die Betreiber deshalb das Apotheken-A im Schriftzug übernommen und unter anderem das BfArM-Logo sowie irgendeinen Testsieg auf der Seite platziert.

Es gibt sogar ein kostenloses Kundentelefon, eine weitere Rufnummer mit Berliner Vorwahl und eine Faxnummer in Frankfurt. Aber spätestens ein Blick ins Impressum macht stutzig: Hinter zahlreichen Versendern steht angeblich die S.N Pharmacy mit Sitz in Volos in Griechenland, manchmal auch Online H.C aus Robres de Castillo in der spanischen Provinz Rioja; nur gibt es diese Adressen nicht.

Auf Nachfrage erfährt man, dass in Deutschland die Finanzabteilung sowie die Kundenbetreuung angesiedelt sind. In Berlin arbeiten angeblich 25 Mitarbeiter im Service-Center. Bei der genannten Anschrift handelt es sich allerdings um ein Altenpflegeheim in Pankow - und das versendet nach eigenen Angaben kein Viagra.


Die „Versandapotheken“ importieren die Arzneimittel nach eigenen Angaben hauptsächlich aus England und Schweden. Für illegal halten sie ihr Geschäftsmodell nicht: Man habe sich verpflichtet, die aktuellen Vorschriften einzuhalten und zu übertreffen, heißt es auf der Homepage. Und weiter: „Unsere Apotheken sind zugelassen, alle Medikamente in allen Ländern der Welt zu versenden und beschäftigen zugelassene Apotheker, die Ihnen die beste pharmazeutische Hilfe bieten. Alle Medikamente werden über legitime Pharmagrosshändler erworben, so dass Sie sichergehen können, dass Sie dieselben Medikamente wie in der Apotheke in Ihrer Nachbarschaft erhalten.“

Das ist interessant, denn die Potenzklassiker werden nicht nur als Original, sondern sämtlich auch als „Generika“ verkauft - natürlich mit weiteren Preisvorteilen. Gratispackungen gibt es sowieso bei jeder Bestellung. Die Abbildungen der Packungen sind offensichtlich verfälscht. Über die Qualität des Inhalts kann man nur spekulieren.

Immerhin weisen die Betreiber darauf hin, dass die Beratung am Telefon einen Arztbesuch nicht in jedem Fall ersetzen kann. Doch wer erst kürzlich untersucht worden sei oder sich als gesund betrachte, müsse nicht unbedingt nochmals zum Arzt, um die Medikamente zu bestellen, heißt es. Man kaufe die Potenzmittel in größerer Menge ein, deshalb sei ein Rezept nicht notwendig, so die Begründung. Nur beim Rückgaberecht kennen die Betreiber kein Pardon: Aufgrund von Bundesgesetzen sei man nicht in der Lage, verschreibungspflichtige (sic!) Medikamente zurück zu nehmen.