Biozid-Angabe fehlt

Versender schickt zu schnell zur Kasse

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Berlin -

Desinfektionsmittel sind rechtlich gesehen Biozide – und müssen in der Werbung entsprechend gekennzeichnet werden. Eine Versandapotheke hatte den Hinweis aus Sicht des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG) zu sehr versteckt.

Nach Artikel 72 der Biozid-Verordnung (Biozid-VO) muss in jeder Werbung für Biozid-Produkte ein zwingender Hinweis enthalten sein: „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen.“ Diesen gab es bei der Versandapotheke zwar auf der Detailseite des Produkts, aus Sicht des klagenden Wettbewerbsverbands war die Gefahrenkennzeichnung aber an der falschen Stelle.

Auch das OLG bemängelt, dass das Desinfektionsmittel direkt von der Übersichtsseite in den Warenkorb gelegt werden konnte. Der notwendige Hinweis gemäß Biozid-VO auf der Detailseite sei nicht ausreichend, da die Online-Kund:innen diese für einen Kauf gar nicht aufsuchen mussten. Auch beim späteren Bezahlvorgang gab es keine entsprechende Kennzeichnung.

Das Landgericht Frankenthal hatte die Klage in erster Instanz noch abgewiesen. Denn es handele sich bei der Produktübersichtsseite nicht um Werbung im Sinne der Biozid-VO. Der Umstand, dass der Nutzer auch ohne vorherige Kenntnisnahme des Warnhinweises ein Biozid-Produkt in den virtuellen Warenkorb legen könne, sei vergleichbar mit der Situation eines Kunden, der in einem realen Ladenlokal auf der Suche nach einem Handdesinfektionsmittel gleichsam „blind“ in ein Regal greife.

Das OLG Zweibrücken fand diese Argumentation nicht überzeugend. Bei der Produktübersichtsseite der Online-Apotheke handele es sich eindeutig um Werbung. Denn dort seien alle notwendigen Angaben für den Kauf vorhanden: genaue Warenbezeichnung, Packungsgröße und Preis. „Der potenzielle Käufer muss nach Aufruf der Übersichtsseite auch nicht weiter auf die Detailseite für einzelne Waren klicken, um seinen Kauf abzuschließen. Eine Veranlassung oder Aufforderung wird ihm dazu nicht gegeben.“ Die Übersichtsseite gleiche „einem werbenden Schaufenster“. Da Kund:innen ohne Aufruf der Detailseite das Desinfektionsmittel kaufen konnten, hätte der Hinweis laut OLG auf der Übersichtsseite erfolgen müssen.

Die Revision hat das OLG nicht zugelassen, dagegen kann der Versender noch Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Eine Verhandlung in Karlsruhe dürfte in dieser Fallkonstellation allerdings unwahrscheinlich sein.

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