Sanicare sammelt auf ungewohntem Weg neue Kunden: Die Versandapotheke taucht als Partner auf den Internetseiten anderer Apotheken auf. Die Kunden gelangen darüber direkt in den Onlineshop der Versandapotheke. Bestellungen werden dann komplett von Sanicare abgewickelt, die Apotheke erhält eine Provision.
Von der „Versandvernetzung“ sollen beide Seiten profitieren: Die Apotheken könnten sich einen eigenen Webshop und die komplette Versandlogistik sparen, sagt Apotheker Christoph Bertram, der zusammen mit Volkmar Schein Sanicare leitet. Für kleine Apotheken lohne sich ein eigenes Versandgeschäft kaum, da dies erst ab einer gewissen Größe wirtschaftlich leistbar sei. Gleichzeitig würden die Kunden immer mehr online bestellen. „Es ist dann unser gemeinsamer Kunde“, erklärt Bertram.
Technisch funktioniert das Ganze über eine Markierung: Bestellt ein Kunde über die Homepage einer der Partner-Apotheken bei Sanicare, erhält seine Kundennummer eine entsprechende Kennzeichnung. Danach fällt für jede Bestellung eine Provision für die Vor-Ort-Apotheke ab, selbst wenn der Kunde beim nächsten Mal direkt über Sanicare bestellt.
Die Höhe der Provision wird vorerst nicht verraten, sie sei aber für den Kollegen in der Apotheke auskömmlich, sagt Bertram. Denn die Nutzung der Versandvernetzung ist kostenpflichtig: Für das notwendige Dienstleistungsmodul „Apothekenversandhandel“ der saarländischen Apothekenkooperation Pharm-Net zahlen die Apotheken eine monatliche Gebühr, deren Höhe allerdings ebenfalls nicht verraten wird. Es soll sich um einen dreistelligen Eurobetrag handeln.
Die Partnerapotheke selbst benötigt keine Versanderlaubnis. Damit haben die Apotheken Bertram zufolge einen weiteren Vorteil: Sie laufen nicht Gefahr, wegen kleiner Fehler in ihrem Onlineshop oder falsch gekennzeichneter Produkte abgemahnt zu werden. „Dieses Risiko liegt komplett bei uns“, so Bertram.
Über die Vernetzung mit Sanicare sollen die Apotheken versandaffine Kunden bedienen können, ohne diese gänzlich zu verlieren. Gleichzeitig könnten sie ohne Gesichtsverlust Kunden zurückgewinnen, die online „fremd gegangen“ sind. Theoretisch kann das Päckchen sogar in die Apotheke vor Ort geliefert werden – als klassische Pick-up-Stelle. Wichtig ist dann, dass das Sanicare-Päckchen vom Apotheker geschlossen übergeben wird.
Aktuell sind bei Sanicare zehn Apotheken gelistet. Allerdings ist von Ralf Bolwin mit seiner Center-Apotheke in Bendorf schon wieder ausgestiegen. Unter den anderen Partnern finden sich erwartungsgemäß Apotheken aus dem Sanicare-Umfeld: Caroline Bertram ist mit ihrer Schloss-Apotheke in Zweibrücken und der Linden-Apotheke in Neunkirchen an Bord. Mit weiteren befreundeten Apotheken wurde zunächst die technische Machbarkeit getestet.
Jetzt steht das System allen Apotheken offen. Seit einer Woche ist mit Dr. Holger Meyer ein echter „Drittkunde“ an Bord. Über seine Apotheke am Kirchweg in Adenhof und die Apotheke Scharnebeck können Kunden bei Sanicare bestellen. Meyers vormals eigener Onlineshop „docmeyer“ leitet heute sogar direkt auf Sanicare weiter.
Die Apotheken verpflichten sich bei Pharm-Net zunächst für ein halbes Jahr, anschließend gibt es eine Kündigungsfrist von zwei Monaten. Wer seine Kunden direkt am HV-Tisch auf die Versandoption ansprechen möchte, kann zudem ein Marketingpaket bei Sanicare buchen.
Sanicare-Chef Schein glaubt an das Konzept: „Der Versandhandel ist über zehn Jahre etabliert – höchste Zeit für mehr Miteinander.“ Natürlich gehe es auch Sanicare um das Geschäft, von dem beide Seiten profitieren: „Denn der Apotheker erhält eine Provision dafür, dass er sein Ladengeschäft um eine Online-Filiale erweitert hat und die steigende Zahl internetaffiner Kunden erreicht. Und zwar, ohne dass er die Website warten und pflegen muss und ohne dass er Pakete packen oder sich mit Abmahnungen herum ärgern muss“, so Schein.
Der Apotheker hatte Sanicare Anfang 2013 vom Insolvenzverwalter übernommen. Kaufmännischer Leiter ist Detlef Dusel, der auch Pharm-Net führt. Dort sind Schein und Bertram im Aufsichtsrat. Bertram war im September 2014 als Partner bei Sanicare eingestiegen, die seitdem als OHG geführt wird.
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