Papierrezepte machen Versandapotheken im Rx-Bereich das Leben schwer. Zur Rose will das ändern und testet gemeinsam mit dem Schmerzzentrum Berlin eine Technologie, mit der Verordnungen auf elektronischem Weg direkt an die Versandapotheke geschickt werden. Patienten können sich bei dem Pilotprojekt einschreiben und erhalten dann einen Bonus von einem Euro für jedes verordnete Arzneimittel.
Das Projekt läuft unter der Bezeichnung „Elektronischer Medikationsassistent – eMA – unser elektronisches Rezept“. Entwicklungspartner sind die Bundesdruckerei und der Softwarehersteller Clinpath, der unter anderem bereits für die Charité, Rhön, Asklepios und Helios gearbeitet hat. Die Zusammenarbeit war bereits 2012 durch den damaligen Deutschlandchef von Zur Rose, Rainer Seiler, als einer von mehreren Modellversuchen auf die Beine gestellt worden.
Formal geht es bei der „Pilotphase zur elektronischen Arzneimittelversorgung für mehr Patientensicherheit im Medikationsprozess“ darum, die Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzerkrankungen und Mehrfachmedikation zu verbessern. Durch elektronische Verfahren soll es „zu einem gesicherten und schnellen Austausch von notwendigen Informationen zwischen Ärzten sowie dem Schmerzzentrum und Apotheke kommen“, heißt es beim Schmerzzentrum.
Ermittelt werden soll etwa, „wie durch das Zusammenwirken mit Unterstützung von elektronischen Verfahren von Arzt und Apotheke die Medikation und die Medikationssicherheit der Patienten optimiert werden kann“. Außerdem soll eine Erhöhung des Schmerzempfindens aufgrund von Mehrfach- oder Selbstmedikation möglichst vermieden werden.
Zur Rose hat im Rahmen des Projekts die Aufgabe, die Gesamtmedikation der Patienten zu dokumentieren. „Für jeden Beobachtungsteilnehmer kann auf Vorschlag des Arztes ein Medikationsdossier erarbeitet werden, welches Informationen für den Patienten und zugleich Empfehlungen für die Therapiebeobachtungen seitens des Arztes enthält.“ Unter anderem sollen Wechselwirkungen identifiziert werden, die bei der Einnahme mehrerer Medikamente auftreten können. Die Patienten werden beim nächsten Arztbesuch über die Ergebnisse informiert.
Teilnehmen können Patienten, die unter einer oder mehreren chronischen Erkrankungen beziehungsweise chronischen Schmerzen leiden und zu deren Behandlung dauerhaft und regelmäßig mehrere Medikamente zum Einsatz kommen. Sie verpflichten sich dazu, Zur Rose „über jegliche Veränderungen seiner Medikation zu unterrichten“. Außerdem entbinden die Teilnehmer ihren Arzt von der Schweigepflicht: Zur Rose erhält „mit Hilfe von elektronischen Verfahren“ Daten aus den Unterlagen des Arztes beziehungsweise der Patientenakte und ist berechtigt, beim Arzt weitere Nachfragen anzustellen.
Zur Rose hält sich, genau wie die übrigen Projektpartner, bedeckt. Doch die Unterlagen sprechen eine eindeutige Sprache, wozu die Technik letztendlich dienen soll: Die Teilnahmeerklärung trägt die Überschrift „Apothekenservice für Ihr Rezept – Einfache Lieferung nach Hause“.
Formal ist kein Teilnehmer verpflichtet, sein Rezept an Zur Rose schicken zu lassen. „Ihre freie Apothekenwahl ist durch die Beobachtung nicht eingeschränkt“, heißt es in einem Informationsschreiben des Schmerzzentrums: Die Verordnung könne jederzeit auf Papier ausgedruckt und bei einer anderen Apotheke eingelöst werden. Doch als Aufwandsentschädigung erhalten die Patienten einen Bonus von einem Euro nicht für die Teilnahme, sondern pro verschriebenem Arzneimittel.
Mit ähnlichen Modellen war die Schwesterfirma DocMorris wiederholt vor Gericht gescheitert. Auch Zur Rose hatte in der Schweiz mit dem Geschäftsmodell Rückschläge einstecken müssen: Im Sommer entschied das Bundesgericht in Lausanne, dass die Versandapotheke mit ihren Entschädigungszahlungen an Ärzte „therapiefremde geldwerte Vorteile“ gewähre, die laut Heilmittelgesetz unzulässig seien.
Nach dem Verbot von Rx-Boni sind E-Rezepte – neben speziellen Serviceangeboten und Selektivverträgen mit Krankenkassen – eine der wenigen Möglichkeiten für Versandapotheken, zukünftig stärker im Rx-Bereich Fuß zu fassen. Entsprechend massiv trommeln Zur Rose, DocMorris & Co. für E-Health. Die Politik haben die Versender teilweise schon hinter sich: Papierrezepte seien gaga, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), beim Deutschen Apothekertag in München.
APOTHEKE ADHOC Debatte