Die schweizerische Versandapotheke Zur Rose hat erstmals in ihrer Geschichte einen Großaktionär. Bei der außerordentlichen Generalversammlung stimmten die Anteilseigner der Kapitalerhöhung und den erforderlichen Satzungsänderungen zu. Derweil greift ein Frankfurter Investor mit einem dubiosen Angebot an.
Im Juni hatte Zur Rose mit der schweizerischen Unternehmerfamilie Frey einen Investor gefunden. Über die Beteiligungsfirma Corisol steigt der Clan bei der Versandapotheke ein. Für 20 Millionen Franken (18,5 Millionen Euro) übernimmt Corisol zunächst 13,3 Prozent des Aktienkapitals. Später ist bei Erreichen bestimmter Meilensteine eine zweite Kapitalerhöhung vorgesehen, bei der noch einmal 18 bis 24 Millionen Franken eingesammelt werden könnten.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die Generalversammlung einer Kapitalerhöhung durch Ausgabe von insgesamt 900.000 Namenaktien zugestimmt. Da die neuen Anteilsscheine nun an einen einzigen Ankerinvestor gehen, musste die Satzung geändert werden. Der Vorschlag ging auf der Generalversammlung ohne Probleme über die Bühne.
Bislang durfte kein Aktionär mehr als 3 Prozent der Stimmrechte auf sich vereinen. Zur Rose hatte zuletzt rund 2200 Aktionäre, längst nicht mehr nur Mediziner. Die Anteilsscheine werden nur in der Schweiz über drei Banken gehandelt.
Kurz vor dem Aktionärstreffen ging bei den Anteilseignern ein freiwilliges Übernahmeangebot ein. Taunus Capital Management aus Frankfurt bietet 21,75 Euro je Aktie, die Frist läuft am 9. September um 18 Uhr ab. Das Angebot ist auf 15.000 Aktien begrenzt; sollten mehr Aktien zum Kauf angeboten werden, erfolgt die Annahme in der Reihenfolge des Eingangs der Annahmeerklärungen.
In Frauenfeld rätselt man, was es mit der Offerte auf sich hat. Im besten Fall würde Taunus Capital weniger als 0,5 Prozent des Grundkapitals in seinen Besitz bekommen. Das ist aber unwahrscheinlich, denn an der Börse ist die Aktie derzeit rund 40 Euro wert.
Das Management weist daher darauf hin, dass zwischen Taunus Capital und Zur Rose keinerlei Geschäftsbeziehungen bestehen. Interessente sollten Vorsicht walten lassen und sich über den aktuellen Aktienkurs informieren. Bei einem Verkauf über die Börse lasse sich ein deutlich höherer Verkaufspreis erzielen. Im Internet warnen Experten vor Bauernfängerei: Ein ehemaliger Briefmarkenhändler versuche Kleinaktionäre mit seinem Angebot zu übervorteilen. Tatsächlich hat Taunus Capital zuletzt fast täglich Übernahmeangebote an die Aktionäre verschiedenster Firmen gestellt.
Zurück zu Corisol und Zur Rose. Mit Vanessa Frey wurde eine Vertreterin des neuen Ankeraktionärs in den Verwaltungsrat der Gruppe gewählt. „Wir freuen uns, dass wir die Kapitalerhöhung über die Beteiligung unseres neuen Ankeraktionärs nun vollziehen können“, kommentierte CEO Walter Oberhänsli.
Professor Dr. Stefan Feuerstein, Verwaltungsratspräsident von Zur Rose, freut sich über die Verstärkung: Frey bringe ausgewiesene Kompetenzen im Finanzbereich und unternehmerische Erfahrungen aus dem Umfeld von Corisol und deren Beteiligungsgesellschaften mit. „Der Verwaltungsrat wird in seiner Diversität damit weiter gestärkt.“
Im Verwaltungsrat von Zur Rose sind neben Oberhänsli, Feuerstein und Frey außerdem die Ärzte Thomas Schneider und Lukas Wagner vertreten. In dem Gremium ist auch Professor Dr. Volker Amelung von der Medizinischen Hochschule Hannover, der zudem Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Managed Care (BMC) ist. Die Geschäftsleitung teilt sich Oberhänsli mit Marcel Ziwica (Finanzen), Walter Hess (Zur Rose Deutschland) und Olaf Heinrich (DocMorris).
Mit den zusätzlichen Millionen will Zur Rose die geplante Wachstumsstrategie finanzieren und ihre Position im europäischen Markt weiter ausbauen. In Deutschland steht – nach dem Votum des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH) – der Rx-Versandhandel im Fokus. In der Schweiz hatte Anfang August der erste Flagshipstore eröffnet.
Erst vor kurzem hatte Oberhänsli erklärt, dass Zur Rose in den kommenden zwei Jahren nicht auf die Ertragsseite schauen, sondern in Wachstum investieren werde. Allerdings braucht Zur Rose auch Geld, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können: Um DocMorris kaufen und integrieren zu können, hatte die Gruppe Ende 2012 eine Anleihe über 50 Millionen Franken herausgegeben, die mit etwas mehr als 4 Prozent verzinst ist. Jahr für Jahr muss die Gruppe knapp 1,7 Millionen Franken erwirtschaften, um Gläubiger bedienen zu können. Im Dezember 2017 wird die Anleihe zur Rückzahlung fällig.
Corisol wurde 1974 von Beat Frey gegründet. Zu seinem Vermögen kam der Vater der heutigen Firmenchefin vor allem mit dem Verkauf des Reiseveranstalters Privat Safaris an Kuoni. Über Corisol beziehungsweise deren Finanzvehikel KWE, Swiss Small Cap Invest und VBF beteiligt sich die Familie heute vor allem an mittelgroßen Unternehmen aus der Schweiz, aber auch im Ausland.
Aktuell gibt es Beteiligungen unter anderem an Agrotropic, einem Importeur von Blumen aus Überseeländern, und Garaventa, einem Hersteller von Treppenliften. In China ist Corisol bei mehreren Internetfirmen an Bord. Außerdem beteiligt sich die Holding an börsennotierten Unternehmen. Beispiele sind Schweiter Technolgies, Inficon, Datacolor und Comet. In Vietnam ist Corisol etwa an Imexpharm und dem Agrarlieferanten Dabaco beteiligt. Über Moserbau ist Corisol schließlich im Immobilienbereich aktiv. In Neuseeland gehören der Gruppe 18.000 Hektar Wald.
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