Wettbewerbsrecht

Versandapotheken: Übertreiber abgemahnt

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Berlin -

Die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel ist lockerer geregelt als für Arzneimittel. Zu dick dürfen Händler dennoch nicht auftragen. Der Verband sozialer Wettbewerb (VSW) mahnt derzeit mehrere Versandapotheken wegen „weit übertriebener Wirkungsbehauptungen“ für die Tabletten „Beta Rey Rella Süßwasseralgen“ ab. Auch „Aminoplus prostat“ von Kyberg Vital steht im Visier. Insgesamt wurden 14 kleinere Versender abgemahnt.

Die Marke Beta Rey Rella gehört zum dänischen Hersteller Bio-Reu-Rella und wird hierzulande seit 20 Jahren von der Hamburger Firma Wierich vertrieben. Das Nahrungsergänzungsmittel enthält Süßwasseralgen und ist als Tablette und Pulver erhältlich. Die Produkte werden laut Firmenchef Peter Wierich nur an Apotheken verkauft.

Im vergangenen Oktober änderte die Vertriebsgesellschaft die Beschreibung der Produkte. „Wir haben von unserem Anwalt den Hinweis erhalten, dass wir besser Detox herausnehmen“, sagt Wierich. Die Information sei auch an die Kunden gegangen. Die Werratal-Apotheke im thüringischen Wasungen von Vassilios Tsilofitis sei dem Aufruf offenbar nicht nachgekommen, sagt er.

Der Berliner Verband wirft sieben Versandapotheken Irreführung vor. „Wir haben entsprechende Beschwerden erhalten“, sagt Geschäftsführerin Angelika Lange. Konkret geht es um drei Wirkaussagen: „Chlorophyll ist seit Langem für seine reinigenden Eigenschaften bekannt“, „Für die Ausleitung von Umweltschadstoffen wie Schwermetallen…“ und „Im Gegensatz zu Spirulina Algen verfügen Chlorella Algen über eine mehrschichtige Zellwand, die primär für die hohe Bindungsfähigkeit verantwortlich ist (DetoX).“

Die Werbeaussagen seien irreführend und täuschend, heißt es in der Abmahnung. „Sie werben für dieses Mittel mit weit übertriebenen Wirkungsbehauptungen.“ Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Reklame so, als ob das Produkt eine entgiftende Wirkung auf den menschlichen Körper ausübe und ihn von Schadstoffen befreie. „Eine solche Wirkung ist indessen nicht belegt.“

Zudem moniert der Wettbewerbsverband, dass die Werbung gegen die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) verstoße. Demnach ist untersagt, in der Reklame für Lebensmittel Aussagen zu verwenden, die sich auf die Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit beziehen oder die den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen.

Zudem handele es sich bei den kritisierten Beispielen um gesundheitsbezogene Angaben, die von vornherein nur zulässig seien, wenn sie den speziellen Anforderungen der Health-Claims-Verordnungentsprechen. „Dies ist vorliegend nicht der Fall.“ Bei Wierich selbst ist diesbezüglich bisher keine Abmahnung eingegangen. „Wir würden sie auch nicht abgeben. Die Abmahnungswürdigkeit der Aussagen ist fraglich“, sagt Wierich. Der Text sei zuvor acht Jahre verwendet und nie beanstandet worden. Keine der betroffenen Versandapotheken habe bisher eine Unterlassungserklärung abgegeben, sagt Lange.

Anders im Fall von Aminoplus prostat: Auch hier mahnte der Verband sieben Versandapotheken ab. Zwei haben laut Lange bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Liste der Vorwürfe ist lang: Der Verband kritisiert etwa, dass das Produkt als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nicht verkehrsfähig sei. Laut Verordnung sei ein entsprechendes Präparat zur Ernährung von Patienten mit einem medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreiche. Aminoplus prostat diene jedoch nicht dem Diätmanagement, sondern solle eine ernährungsphysiologische Wirkung im Sinne einer Behandlung erzielen.

Zudem werde der Eindruck erweckt, das Produkt könne der Behandlung von altersabhängigen Prostatabeschwerden dienen. Außerdem verstoße die Werbung für das Granulat gegen die Health-Claims-Verordnung, da für keinen der Inhaltsstoffe eine entsprechende gesundheitsbezogene Angabe zulässig sei. Zudem seien die Informationen über das Präparat irreführend.

Die abgemahnten Apotheken sollen bis Montag eine Unterlassungserklärung abgeben. Aminoplus prostat ist bei Kyberg Vital nicht mehr erhältlich. Das Produkt ist außer Vertrieb gelistet. Mehrere Versandapotheken haben die Produktinformation bereits vollständig gelöscht. Bei anderen können Verbraucher das Granulat noch bestellen und werden über die Internetseite zu einer PDF-Datei weitergeleitet, in der die vom Verband monierten Aussagen stehen.

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