EAV: Geld vom Ratiopharm-Finanzchef APOTHEKE ADHOC, 23.11.2013 09:51 Uhr
Ein Jahr ist es her, da kauften die Firmengründer die Europa Apotheek Venlo (EAV) vom US-Konzern Medco/Express Scripts zurück. Zwar war die niederländische Versandapotheke zum Schnäppchenpreis zu haben. Den neuen alten Eigentümern war aber klar, dass sie einen „hohen zweistelligen Millionenbetrag“ investieren müssten, um das Unternehmen nach dem Bonusverbot und der Trennung von dm wieder nach vorne zu bringen. Also holten sie sich Investoren an Bord. Mit dabei ist der Finanzchef von Ratiopharm.
Mit einem Umsatz von rund 250 Millionen Euro und 400 Mitarbeitern ist die EAV, zu der auch die Shop-Apotheke gehört, die Nummer 2 nach DocMorris/„Zur Rose“/VfG. Klaus Gritschneder, Michael Köhler und der Industrieapotheker Dr. Robert Hess hatten die Versandapotheke 2001 gegründet und im April 2008 – einen Monat nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Pick-up – an den heute zu Express Scripts gehördenden Pharmacy Benefit Manager Medco verkauft.
Rund 150 Millionen US-Dollar hatten sich die Amerikaner im April 2008 den Einstieg in den deutschen Markt kosten lassen; weniger als 4 Millionen Dollar blieben beim Rückzug übrig. Am Ende war man beim US-Konzern vermutlich froh, nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Rx-Boni überhaupt noch Geld für den Betrieb plus Warenlager bekommen zu haben.
Wie bei der Schlecker-Tochter Vitalsana sprang anstelle eines Käufers das Management ein. Neben Hess, Köhler und Gritschneder sowie einigen Familienmitgliedern sind außerdem die Gründer der Shop-Apotheke, Dr. Peter und Stephan Weber und Marc Fischer, sowie die bei der EAV verantwortliche Apothekerin Theresa Holler und Finanzchef Dr. Ulrich Wandel an Bord.
Außerdem wurde neben einigen vermögenden Finanzanlegern eine ganze Reihe von Privatinvestoren aus der Wirtschaft gewonnen. Mit dabei ist Stefan Feltens, der seit 2011 in der Geschäftsführung von Ratiopharm/Teva für den Bereich Finanzen zuständig ist.
„Eventuelle private Beteiligungen wurden entsprechend unserer Compliance-Richtlinie getätigt und dementsprechend mit den relevanten Personen vorab besprochen sowie entsprechend dokumentiert“, sagt Feltens.
Bei Ratiopharm verweist man ebenfalls auf die für alle Mitarbeiter verbindlichen Verhaltensregeln. „Wir haben hier wahnsinnig hohe Maßstäbe“, sagt ein Konzernsprecher. Mitarbeiter würden regelmäßig in Schulungen über die Richtlinien aufgeklärt. Vorgesetzte müssen demnach vor privaten Investitionen über die Pläne informiert werden: „Es wird geprüft, dass es keine Interessenskonflikte gibt“, sagt der Sprecher. Wenn eine Investition nicht den Richtlichen entspreche, werde sie nicht genehmigt.
Im konkreten Fall hätte also mindestens der frühere Deutschlandchef Dr. Sven Dethlefs sein Placet zu dem Engagement seines Finanz-Geschäftsführers bei der Versandapotheke geben müssen.
Auch andere führende Manager aus der Gesundheitsbranche glauben an das Konzept der Versandapotheke und haben investiert: Mit dabei ist etwa die Familie Kuhn-Temmler, Nachkommen des Pharmaunternehmers Hermann Temmler und heute mit der Firma Kettenbach im Vertrieb von Medizinprodukten für Zahnärzte aktiv.
Dr. Frank Steinhoff wiederum ist von Hause aus Apotheker und in seiner Eigenschaft als hauptberuflicher Finanzinvestor bei der EAV eingestiegen.
Unter den Investoren sind dem Vernehmen nach weitere Top-Manager von Unternehmen wie Budenheim (Chemikalien), SES (Satelliten) und Steelcase (Büromöbel). Auch ein ehemaliger Vorstand des mittlerweile zerschlagenen Druckmaschinenherstellers Manroland ist dabei.