Apothekenrecht

Versandapotheken droht Holland-Fiasko

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Selten waren die Behörden so deutlich: In den Niederlanden spitzt sich die Situation für Versandapotheken, die überwiegend ins benachbarte Ausland liefern, deutlich zu. Zehn Jahre nachdem sich deutsche Unternehmer unter Ausnutzung des liberaleren niederländischen Apothekenrechts hinter der Grenze niedergelassen haben, soll das Katz-und-Maus-Spiel jetzt ein Ende haben. Die Kontrolleure wollen künftig hart durchgreifen, wenn niederländische Regeln nicht beachtet werden.

Vor einer Woche hatte die zuständige Aufsichtsbehörde 30 Versandapotheken zu einer Anhörung nach Utrecht eingeladen; 43 Personen nahmen an der Besprechung teil. Anhand einer fiktiven Bestellung wurden zunächst alle Abläufe durchgespielt; danach konnten die Versender Fragen stellen. Aus dem Protokoll der Sitzung, das APOTHEKE ADHOC vorliegt, geht deutlich hervor, wie entschlossen die Inspekteure sind, die Einhaltung der niederländischen Vorschriften künftig ohne Ausnahme durchzusetzen - auch wenn dies unter Umständen das Geschäftsmodell von DocMorris, Europa Apotheek Venlo und Vitalsana gefährdet.

Problematisch sind für die Versender vor allem Vorschriften, die sie bei der Belieferung deutscher Patienten nicht erfüllen können. So müssen Indikation und Dosierung in den Niederlanden vom Rezept auf die Arzneimittelpackungen übertragen werden. Da diese Informationen auf deutschen Rezepten fehlen, können die Versender diese Auflagen nicht erfüllen.

Die Prüfer stellten unmissverständlich klar, dass für niederländische Versandapotheken, die ins Ausland liefern, dieselben Regeln gelten wie für alle anderen Apotheken. Die Einhaltung der Vorschriften soll ab sofort streng kontrolliert werden.


Zwar sehen die Kontrolleure das Dilemma der „grenznahen“ Anbieter; ihrer Meinung nach sind die Widersprüche zwischen deutschen und niederländischen Vorgaben aber alleine deren Problem: „Es gibt Unterschiede, aber Sie müssen sich an die niederländischen Maßstäbe halten. Das ist die einzig mögliche Sichtweise.“

Abweichungen, etwa von den Dokumentationspflichten, sollen nur in ganz wenigen Fällen toleriert werden: „Es geht um eine verantwortungsvolle Versorgung und darum, dass Sie es ernst meinen. Diese Frage müssen Sie für sich selbst beantworten. Wir versuchen, die Grenzen so klar wie möglich zu setzen. Uns reicht die Aussage nicht: 'Der deutsche Arzt macht keine Angaben zur Dosierung'. Sie müssen die niederländischen Anforderungen zum Großteil erfüllen, sonst haben Sie ein Problem.“

Den von den Versandapotheken vorgebrachten Verweis auf EU-Recht ließen die Vertreter der Apothekenaufsicht nicht gelten: Da die Abgabe in den Niederlanden erfolge, müsse alleine niederländisches Recht beachtet werden. Allerdings stehe es den Versendern offen, sich dafür einzusetzen, das deutsche Recht in Einklang mit den niederländischen Vorschriften zu bringen.

„Wettbewerb ist gut, aber er darf die Arzneimittelsicherheit nicht stören, die von großer Bedeutung ist“, hieß es weiter. Auf die Frage, warum ausgerechnet jetzt die Maßstäbe angezogen würden, antwortete ein Sprecher auf Nachfrage: „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Patientensicherheit in Gefahr ist, wenn wir nicht klar und strikt agieren.“

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