Buse: Apotheken sollen „Notdienst-Soli“ zahlen APOTHEKE ADHOC, 10.01.2017 11:32 Uhr
Für gewöhnlich beschweren sich Lobbygruppen im Gesundheitswesen darüber, dass ihre Klientel aus dem Gesamttopf zu wenig Geld abbekommt. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheke (BVDVA) überrascht heute mit der Mitteilung, das Honorar der Apotheker sei seit Jahren gestiegen. Die Versender fordern eine Umschichtung der Honorare, verbunden mit einer Preisfreigabe.
Fraglos sind die Versandapotheken hierzulande seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am 19. Oktober 2016 in einer unangenehmen Situation. Die ausländische Konkurrenz darf seitdem Kunden mit Rx-Boni locken, während für deutsche Versender weiter die Preisbindung gilt. Zwar war ihr Rx-Anteil traditionell gering, doch könnte mit den Rezepten auch OTC-Umsatz in die Niederlande abwandern, so die Befürchtung.
Der BVDVA setzt sich daher schon länger für die Einführung von Höchstpreisen ein. Die Apotheken könnten damit frei entscheiden, einen Teil ihrer Marge an die Versicherten abzugeben. Es bestehen vor allem seitens der Kassen Zweifel, ob das zulässig ist – aus ihrer Sicht stehen etwaige Boni der Solidargemeinschaft zu. Einzelne sollten nicht an Arzneimitteln verdienen, die aus dem GKV-Topf bezahlt wurden.
Um diese Forderung zu erneuern, weisen die Versender darauf hin, dass das Honorar der Apotheker „in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht“ worden sei. Zwar sei das Rx-Honorar klar reglementiert: Pro Packung erhielten die Apotheker 3 Prozent vom Apothekeneinkaufspreis und einen Fixzuschlag in Höhe von 8,35 Euro. „Dennoch, es steigt regelmäßig: Allein 2013 stiegen die Honorare um über 100 Millionen Euro durch die Erhöhung des Festpreises um 25 Cent, die Reduzierung des Kassenabschlags auf heute 1,77 Euro und die Einführung des Nacht- und Notdienstfonds“, so der BVDVA.
Im April könnten erneut mehr als 100 Millionen Euro hinzukommen, bemerkt der BVDVA. Dann tritt voraussichtlich das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) in Kraft. Für die Rezepturherstellung und die Dokumentation im Betäubungsmittelbereich sollen die Apotheker einen Zuschlag erhalten.
BVDVA-Chef Christian Buse will anschließend den Eindruck vermeiden, diese Aufzählung klinge wie eine Beschwerde: „Das ist grundsätzlich auch die richtige Stellschraube, wenn es um die Sicherung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung und eine angemessene Honorierung der Allgemeinwohlpflichten geht“, stellt Buse klar. Apotheken auf dem Land leisteten die gleiche Beratung wie Apotheken in umsatzstarken Innenstadtlagen und zudem überproportional oft Nacht- und Notdienste, so Buse. „Das sollte ausgleichend honoriert werden.“
Ein Beitrag könnte aus Sicht des BVDVA die Erhöhung des Beitrages für den Nacht- und Notdienstfonds sein – allerdings nicht aus GKV-Mitteln. „Wenn alle Apotheken aus der eigenen Packungsmarge für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Zusatzbetrag einzahlen, könnte der Nacht- und Notdienst besser honoriert werden.“ Dem BVDVA schwebt also eine Art Notdienst-Soli vor.
Der Wettbewerb im Apothekenbereich sollte dennoch „nicht vollkommen zum Erliegen“ kommen, fordert der BVDVA. „Apotheken sollte die Möglichkeit, wie kürzlich vom EuGH aufgezeigt, eröffnet werden, Patienten und Krankenkassen an Wirtschaftlichkeitsreserven zu beteiligen“, so der Verband. Die Versandapotheken würden diese Möglichkeit als „Wettbewerbstreiber“ aufgreifen. Ein Verbot des Rx-Versandhandels, wie von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplant, sei dagegen „ein Schritt in völlig falsche Richtung“, findet der BVDVA.