Kein Grundsatzurteil zu Vitalsana Alexander Müller, 30.10.2013 11:53 Uhr
Es hätte ein Grundsatzurteil zur Stellung ausländischen Versandapotheken in Deutschland werden können – doch der Bundesgerichtshof (BGH) kommt nicht mehr zum Zug: Die niederländische Versandapotheke Vitalsana hat sich mit der Wettbewerbszentrale geeinigt. Damit ist das Verfahren beendet und die Karlsruher Richter müssen nicht mehr darüber befinden, welche Tätigkeiten eine ausländische Apotheke in Deutschland ausführen darf.
Der BGH hatte im Juli 2012 darüber verhandelt, ob Vitalsana in Deutschland eine Apotheke ohne Betriebserlaubnis führt. Doch die Anträge der Wettbewerbszentrale waren den Karlsruher Richtern zu unbestimmt, der Fall wurde in diesen Punkten an das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) zurückverwiesen. Dort kam es aber nicht mehr zu Verhandlung: Inzwischen wurde das Verfahren beendet. Zu den Inhalten der Einigung wollen sich die Parteien nicht äußern.
Die Wettbewerbszentrale hatte Vitalsana 2009 zunächst wegen der kostenpflichtigen Hotline, dem obligatorischen Mitschnitt der Beratungsgespräche sowie verschiedenen Werbemaßnahmen abgemahnt.
Vitalsana hatte eine Verlegung des Verfahrens an das Landgericht Ulm gewünscht – wegen Schlecker: Vitalsana habe in Ehingen – am Hauptsitz des damaligen Mutterkonzerns – eine selbstständige Filiale, so die Begründung.
Die Wettbewerbszentrale hatte daraufhin ihre Klage erweitert: Vitalsana betreibe in Deutschland zumindest teilweise eine Apotheke ohne Betriebserlaubnis, so der Vorwurf. Von der Schlecker-Zentrale aus wurden demnach Marketingmaßnahmen, Verhandlungen sowie Vertragsabschlüsse mit Lieferanten, Krankenkassen, Dienstleistern und Logistikpartnern durchgeführt. Außerdem stellte sich heraus, dass Kunden von einem Call-Center im baden-württembergischen Kornwestheim aus beraten wurden.
Im Februar 2011 gab das OLG Stuttgart in zweiter Instanz der Wettbewerbszentrale recht. Wenn eine ausländische Versandapotheke solche Nebentätigkeiten nach Deutschland auslagern könnte, wäre aus Sicht der Richter eine Kontrolle unmöglich – schon wegen der fehlenden Zuständigkeit der Behörden. Eine Betriebserlaubnis könne Vitalsana angesichts des Fremdbesitzverbots ohnehin nicht erhalten.
Aus Sicht des BGH hätte die Wettbewerbszentrale ihre Anträge genauer bestimmen müssen. Die Frage des unzulässigen Betriebs einer Apotheke wurde daher zur neuen Beweisaufnahme zurück an das OLG gegeben. In den anderen Punkten wurde Vitalsana verurteilt.
Ein Sprecher des OLG Stuttgart bestätigte, dass sich Vitalsana in dem Vergleich vom 19. Juli verpflichtet habe, bestimmte Tätigkeiten zu unterlassen. Zu den Details konnte er keine Angaben machen. Der Vergleich ist allerdings gerichtlich protokolliert.
Der BGH wird sich nicht mehr damit befassen. Der Vorsitzende Richter, Professor Dr. Joachim Bornkamm, hatte in der mündlichen Verhandlung aber schon durchblicken lassen, bei welchen Punkten er Bauchschmerzen hatte.
Dies war vor allem der Fall, sobald Kernbereiche pharmazeutischer Tätigkeiten berührt waren. Weniger problematisch fand Bornkamm dagegen, wie und von wo aus Vitalsana sein Marketing organisiert. Eine gerichtliche Entscheidung zu diesen Fragen gibt es jedoch wegen der Einigung nicht.