Der Versandhändler DocMorris muss seinen Arzneimittelautomaten im baden-württembergischen Hüffenhardt schon nach gut 48 Stunden wieder schließen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe sah Verstöße gegen gesetzliche Auflagen, weitere Details wurden zunächst nicht genannt.
Gleich drei Mitarbeiter des Regierungspräsidiums in Karlsruhe hatten heute den Automaten in den Geschäftsräumen einer ehemaligen Apotheke inspiziert. Sie wollten sich vor Ort einen Eindruck verschaffen, wie das Terminal funktioniert.
DocMorris will sich nicht sofort geschlagen geben. „Wir glauben weiterhin, dass man in Deutschland digitale Projekte zum Wohle aller umsetzen kann“, sagte Geschäftsführer Olaf Heinrich. Die Versandapotheke sieht den Automaten nicht als Apotheke und hatte nur die Lagerung von Medikamenten bei den Regierungspräsidien in Tübingen und Karlsruhe angezeigt. Danach wurde mit der Befüllung des Kommissionierers begonnen. Am Mittwoch wurden die Gerätschaften in Betrieb genommen. Die Abgabe wurde vom Personal der Versandapotheke im niederländischen Heerlen gesteuert.
Das Regierungspräsidium hatte angekündigt, sich in den kommenden Tagen vor Ort ein Bild zu machen. Gehe das Geschehen über die Lagerung hinaus, werde man sehen müssen, inwieweit dies mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen sei, so eine Sprecherin. Zuständig ist das Referat 25 unter der Leitung von Regierungsdirektor Uwe Hempelmann.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Beamten in Hüffenhardt die Lage sondierten. Bereits im vergangenen Juli war der Referatsleiter vor Ort. „Bei einer Inaugenscheinnahme durch Herrn Hempelmann konnte weder eine Geschäftstätigkeit noch Umbautätigkeit festgestellt werden. Daher wurden durch uns bislang keine Maßnahmen ergriffen“, teilte die Behörde damals mit.
In den Geschäftsräumen der 2015 geschlossenen Brunnen-Apotheke können sich Kunden per Videochat von pharmazeutischen Mitarbeitern in Heerlen beraten lassen. Optional kann der Bildkontakt ausgeblendet werden. Die Apotheker und PTA am Sitz der Versandapotheke können Medikamente freigeben, die dann vom Automaten ausgegeben werden. Kontrolliert wird die Packung ebenfalls per Videoübertragung. Auch Rezepte können am Terminal eingelöst werden. „Die ersten Kunden waren schon da“, sagt ein DocMorris-Sprecher.
Vor Ort sind sogenannte „Welcome-Managerinnen“ präsent und stehen den Interessenten mit Rat und Tat zur Seite. Sie nehmen die Kunden in Empfang, zeigen ihnen die Beratungskabine und holen die erforderlichen Unterschriften für die Datenverarbeitung ein. Außerdem helfen sie am Kassenterminal.
Der Automat hat dem Sprecher zufolge 8000 Lagerplätze, 500 Medikamente können gekühlt gelagert werden. Auch wenn nur ein schmales Sortiment für die Akutversorgung vorrätig gehalten werde, könnten die Rabattverträge bedient werden, so der Sprecher. Nachgefüllt wird bei Bedarf, wer die Ware bringt, wollte der Sprecher nicht verraten. Auch zum Automaten wollte er keine Angaben machen. Die Technik für die Telekommunikation kommt von der Telekom, die seit zwei Jahren auch den Livechat via Website unterstützt und auch beim Apothekenbus vor vier Jahren mit an Bord war.
Rechtlich sieht sich DocMorris auf der sicheren Seite. Man habe das Konzept prüfen lassen, so der Sprecher. Mehr über die Position will er nicht verraten; dass keine Rx-Boni gewährt werden, könnte ein Fingerzeig sein, dass es um mehr geht als eine „Spielart des Versandhandels“. Möglicherweise vertritt man in Heerlen den Standpunkt, dass die Abgabe vom Apotheker in den Niederlanden verantwortet wird und die Ausgabe wie ein Abholfach zu bewerten ist.
2010 hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein Abgabeterminal von Rowa mit dem Namen Visavia verboten, weil das Rezept im Moment der Abgabe nicht im Original vorlag und entsprechend nicht abgezeichnet werden konnte.
Bereits Anfang 2016 hatte sich DocMorris in den Geschäftsräumen der im März 2015 geschlossenen Brunnen-Apotheke eingemietet. Bürgermeister Walter Neff war bereits Ende 2014 von der Versandapotheke angesprochen und mit der Idee konfrontiert worden. Der ergriff die Chance, hatte keine Bedenken. Damals zeichneten sich die Probleme bei der Suche nach einem Nachfolger für die Apotheke im Ort ab. Eigentlich wollte DocMorris den mit Spannung erwarteten Arzneimittelautomaten bereits vor Weihnachten feierlich einweihen.
Auf Ablehnung stieß das Projekt im Vorfeld auch bei Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) sowie deren Nachfolger Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen): „Im vorliegenden Fall ist eher die Gefährdung bestehender und funktionierender Strukturen zu befürchten“, ließ er schon im vergangenen Sommer ausrichten. Außerdem sah das Ministerium in Hüffenhardt keinen Versorgungsengpass.
Vor einem Jahr hatte die Kammer eine neue Rezeptsammelstelle genehmigt, die von zwei Apotheken aus den benachbarten Ortschaften betrieben wird. Der Briefkasten wurde nur 50 Meter entfernt vom DocMorris-Lokal installiert.
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