Nach dem Tod des Apothekers Dr. Volkmar Schein steht Sanicare erneut vor einem Umbruch. Die Versandapotheke wurde zuletzt als offene Handelsgesellschaft (OHG) von Schein und Apotheker Christoph Bertram betrieben. Während der Betrieb von Sanicare nach Scheins Tod wie gewohnt weiterlaufen soll, dürfte die Klärung der gesellschaftlichen Verhältnisse weiter die Gerichte befassen.
Schein ist am vergangenen Donnerstag verstorben. Bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken ist ein entsprechendes Todesermittlungsverfahren anhängig, wie Staatsanwältin Victoria Charlotte Hänel gestern bestätigte. Zu weiteren Einzelheiten darf die Staatsanwaltschaft aus Gründen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen keine Auskünfte erteilen. Schein soll sich in seiner Privatwohnung im saarländischen Losheim das Leben genommen haben.
Der Betrieb der Versandapotheke soll unverändert weitergehen, heißt es bei Sanicare. Schein hatte sich aus dem operativen Geschäft ohnehin vor Monaten zurückgezogen. Das ging so weit, dass sich die Apothekerkammer Niedersachsen nach seinem Verbleiben erkundigt hatte. Denn als Inhaber mit einer personengebundenen Betriebserlaubnis hatte Schein Anwesenheitspflicht.
Auch innerhalb der OHG hatte Schein sein Engagement zurückgefahren. Bertram war im Herbst 2014 bei Sanicare eingestiegen und hatte zunächst die Hälfte der Anteile übernommen. Im November 2015 hatte Bertram weitere 45 Prozent von Schein erhalten – offenbar unentgeltlich. Doch über diesen Gesellschaftervertrag kam es in der Folge zum Streit.
Dieser Konflikt ist auch mit Scheins Ableben nicht erledigt. Ingrid Schein, die Ehefrau des verstorbenen Apothekers, hatte eine Klage gegen den Vertrag angestrengt und will die Vereinbarung vor dem Familiengericht Neunkirchen auch weiterhin für ungültig erklären lassen. „Meine Mandantin gedenkt derzeit nach wie vor, die Angelegenheit im Sinne ihres verstorbenen Mannes und der gemeinsamen Tochter juristisch weiter zu betreiben“, sagt Rechtsanwältin Roya Comtesse von der Saarbrücker Kanzlei Comtesse & Comtesse.
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) kann ein Ehegatte nur mit Einwilligung des Partners über sein Vermögen im Ganzen verfügen. Ingrid Schein hat laut Comtesse der Vereinbarung zwischen ihrem Mann und Bertram im Nachhinein explizit nicht zugestimmt und in einem Schreiben ausdrücklich ihre Einwilligung verweigert.
Wichtig für den weiteren Verlauf sind unter anderem die Erbansprüche. Normalerweise wird ein Gerichtsverfahren ausgesetzt, bis die Erbfolge entschieden ist. Ist die Ehefrau die Alleinerbin, geht das Eigentum und damit auch die Anteile an Sanicare an sie über. Ob es bei Scheins anders lautende testamentarische Verfügungen gibt, ist nicht bekannt.
Normalerweise ist in den OHG-Verträgen geregelt, was passiert, wenn einer der Gesellschafter durch Tod ausscheidet. Die Aufsichtsbehörden prüfen bei Genehmigung der Verträge zudem üblicherweise, ob diese Regelung apothekenrechtskonform ist.
Im Fall Sanicare kommt es zu der Besonderheit, dass Ingrid Schein keine Apothekerin ist. In dieser Konstellation wird eine Verwaltung der OHG-Apotheke durch den Erben typischerweise nicht genehmigt. Denn für die Option der Verwaltung durch einen Nichtapotheker besteht bei Sanicare kein Bedarf, da mit Bertram ein Mitgesellschafter über eine eigene Betriebserlaubnis verfügt. Er kann die Apotheke führen und ist als Apotheker für den Betrieb verantwortlich.
Da eine Betriebserlaubnis in einer OHG personenbezogen an jeden einzelnen Gesellschafter vergeben wird, ändert sich für Bertram nichts. Formal kann die Gesellschaftsform von einer OHG in „eingetragener Kaufmann“ geändert werden. Spannender ist, was mit den Anteilen Scheins passiert. Bertram könnte die Witwe seines ehemaligen Kompagnons auszahlen. In welchem Umfang, das hinge vom Ausgang der Klage von Ingrid Schein ab.
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