Die reichsten Apotheker Deutschlands Patrick Hollstein, 25.08.2017 15:05 Uhr
Das Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ hat ein Ranking der 1000 reichsten Deutschen veröffentlicht. Mit dabei sind eine ganze Reihe von Unternehmern, die mit Arzneimitteln oder Gesundheitsprodukten zu Wohlstand gekommen sind. Vier davon sind Apotheker.
Gerade noch ins Ranking geschafft hat es Franz Beckenbauer, der ehemalige Fußballprofi und heutige Sportfunktionär liegt mit einem Vermögen von 90 Millionen Euro auf Platz 1000. Auf Rang 823 folgen dann die ersten Vertreter aus der Pharmabranche: Die Familie des 2016 verstorbenen Sebapharma-Gründers Dr. Heinz Maurer kommt auf ein Vermögen von rund 150 Millionen Euro.
Genauso wohlhabend ist laut „Bilanz“ Andreas Mohringer. Der Inhaber des Reimporteurs Eurim ist von Hause aus Apotheker; noch heute ist am Unternehmenssitz in Saaldorf-Surheim in der Nähe von Freilassing eine Offizin untergebracht, deren Inhaber er ist. Mit den sprudelnden Erlösen aus seiner Firma finanziert der 72-Jährige sein teures Hobby: Er sammelt italienische Oldtimer, ist mit seinen Masertis regelmäßig bei den einschlägigen Treffen ein Hingucker. 2014 legte er 15,6 Millionen Euro für einen Ferrari 335S aus dem Jahr 1958 auf den Tisch.
Mit einem geschätzten Vermögen von jeweils rund 200 Millionen Euro liegen die Familie Bauerfeind vom gleichnamigen Orthopädiehersteller, die Familie Sackler als Eigentümer von Dr. Kade und die Familie Pütter von Medice aus Iserlohn auf Rang 684.
In dieser Kategorie sind – neben zahlreichen weiteren Wohlhabenden wie den Augstein-Erben (Spiegel) oder der Familie Eckes (Granini) – auch zwei Apotheker zu finden: Professor Dr. Michael Popp und Professor Dr. Peter Theiss. Während ersterer nach seinem Pharmaziestudium den Phytohersteller Bionorica geerbt und erfolgreich in eine neue Zeit geführt hat, hat Theiss zunächst in der väterliche Markt-Apotheke in Homburg gearbeitet. Im eigenen Labor entwickelte er Hausspezialitäten, die er persönlich in Kneipp- und Hausfrauenvereinen vorstellte. Heute gehört sein Unternehmen zu den führenden und am schnellsten wachsenden Kosmetikherstellern in Deutschland.
Ebenfalls auf 200 Millionen Euro geschätzt wird das Vermögen der Familie Schüller. Ihr Privatgroßhandel Ebert+Jacobi mit Sitz in Würzburg war in den vergangenen Jahren stark gewachsen – zu stark, wie sich herausstellen sollte. Im vergangenen Jahr verkauften Ralph-D. Schüller und Heide Stier das Unternehmen mit 133-jähriger Geschichte und rund 900 Millionen Euro Umsatz an die Noweda.
Mit jeweils rund 250 Millionen Euro liegen Johannes Burges von Hermes Arzneimittel und die Familie Wöhlke von der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky gleichauf auf Position 590. Rund 300 Millionen Euro schwer ist laut „Bilanz“ Udo Vetter, Chef des gleichnamigen Lohnherstellers aus Ravensburg. Vetter studierte klinische Pharmazie in Seattle und arbeitete danach für Schering-Plough, wo er unter anderem Produktionsstätten in Puerto Rico aufbaute. 1987 stieg er in die von seinem Vater gegründete Firma ein. Er ist der reichste Apotheker Deutschlands. Die Apotheke, in der alles begann, wurde nach dem Tod des Gründers 2000 verkauft.
Ursula Falk (Dr. Falk) kommt auf 350 Millionen Euro, die Merz-Eigentümerfamilien Adam und Hückmann auf je 400 Millionen Euro. Auf 415 Millionen Euro werden die Werte der Familie Dethleffsen geschätzt, der unter anderem der Doppelherz-Hersteller Queisser gehört.
Knapp davor liegt mit 450 Millionen Euro Dr. Clemens Fischer, der mit seiner Firma PharmaFGP alten, meist homöopathischen Schätzen zu neuem Glanz verhilft. Der Shootingstar unter den OTC-Herstellern ist bei Medienhäusern als Anzeigenkunden beliebt, genießt bei den Apothekern dagegen keinen besonders guten Ruf. Fischer liegt gleichauf mit der Familie Schleussner, die den Plasmahersteller Biotest aus Dreieich gerade an chinesische Investoren verkauft hat, und Manfred Georg Krukemeyer, Gesellschafter der Paracelsus-Kliniken.
Rang 344 teilt sich Edwin Kohl mit anderen Reichen wie dem Bahlsen-Clan oder den Gruner-Erben (je 500 Millionen Euro). Wie Mohringer leistet sich der Chef des Reimporteurs Kohlpharma so manchen Luxus: Er sammelt Kunst (Corinth, Nolde, Münter, Beckmann, Picasso) und Antiquitäten (Rokoko), richtet Turniere auf Luxusgestüt aus, reist per Charterflugzeug und fährt ebenfalls einen exklusiven italienischen Sportwagen (Iso Grifo).
Eugen Münch (Rhön Kliniken) wird von „Bilanz“ auf 550 Millionen Euro taxiert, die Schwabe-Familie auf 650 Millionen Euro. Sieben Mitglieder der beiden Stämme Dr. Willmar Schwabe und Dr. Wolfgang Schwabe teilen sich die Anteile am Phytohersteller Dr. Willmar Schwabe; unter ihnen ist genau geregelt, wie die Gesellschaftsanteile weitergegeben werden können: Männliche Familienmitglieder dürfen nur an eheliche Abkömmlinge vererben, weibliche Mitglieder an alle leiblichen Abkömmlinge. Mit Olaf Schwabe hat vor einem Jahr wieder ein Familienmitglied die Führung der Firma übernommen.
700 Millionen Euro bringt Dirk Ströer mit; gemeinsam mit Udo Müller (550 Millionen Euro) ist er Großaktionär bei Ströer. Der Werbekonzern hatte im vergangenen Jahr die Versandapotheke Vitalsana übernommen. Ebenfalls auf 700 Millionen Euro wird Wilhelm Beier taxiert – er hatte im vergangenen Jahr den geplanten Verkauf von Dermapharm abgesagt, weil er nicht mehr überzeugt war, dass er sein Geld anderswo besser anlegen könnte.
Ab Rang 164 geht es um Millardenvermögen. Hier sind in der Einstiegsgruppe Frank Gotthardt, Chef des Lauer-Fischer-Mutterkonzerns CompuGroup Medical (CGM), und Erwin Müller von der gleichnamigen Drogeriekette zu finden. Mit jeweils 1,75 Milliarden Euro liegen die Konkurrenten von dm, Götz Werner und Günther Lehmann, auf Rang 94.
Hans Georg Näder, Chef des Prothesenherstellers Ottobock aus Duderstadt, bringt es auf 2,3 Milliarden Euro, der baden-württembergische Schleicher-Clan (Paul Hartmann) genauso wie Dirk Roßmann auf 2,6 Milliarden Euro. 500 Millionen Euro mehr hat Plasmafabrikant Wolfgang Marguerre (Octapharma) vorzuweisen.
Mit jeweils rund 3,3 Milliarden Euro werden Michael und Wolfgang Herz bewertet. Ihnen gehört über die Familienholding Maxingvest neben einem 51-prozentigen Paket an Beiersdorf auch die Handelskette Tchibo. Auch Libri, Blume2000 und Vapiano gehören zum Imperium des Clans.
Mit 3,2 Milliarden Euro liegt Günter Fielmann vor der Bosch-Familie. Ihm gehört nicht nur die gleichnamige Optikerkette, sondern auch ein Mehrheitsanteil am Reimporteur Emra.
Ab 5 Milliarden Euro kommen die ganz großen Namen: Das Vermögen von Ludwig Merckle (Phoenix) wird auf 5,2 Milliarden Euro geschätzt, das der Strüngmann-Familie (ehemals Hexal, heute Aristo) auf 5,5 Milliarden Euro. Die Familie hinter dem Medizintechnikhersteller B. Braun liegt mit 8,15 Milliarden Euro knapp hinter dem SAP-Gründer und heutigen Biotech-Investor Dietmar Hopp.
Die Eigentümerfamilie des Versandhändlers Otto liegt bei 9,2 Milliarden Euro, doppelt so groß ist das Vermögen von BMW-Großaktionär Stefan Quandt. Geradezu bescheiden nimmt sich im Portfolio Heel aus; der Homöopathiehersteller gehört seit 1977 der Industriellenfamilie.
Nach Quandts Schwester Susanne Klatten folgen die Familien der Albrecht-Brüder (Aldi) und der Schaeffler-Clan (Continental). Auf Rang 2 liegt mit 30 Milliarden Euro die in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Reimann-Familie, die mit 11 Prozent größter Anteilseigner des britischen Konsumgüterkonzerns Reckitt Benckiser ist. Reichster Deutscher ist mit 37 Milliarden Euro Dieter Schwarz, Chef der Handelsketten Kaufland und Lidl.
Für das Ranking hat „Bilanz“ das Vermögen der Millionäre und Milliardäre geschätzt, Grundlage sind Recherchen in Registern und Archiven, bei Vermögensverwaltern, Finanzexperten und Ökonomen sowie Anwälten und Vertretern der Liste selbst. Bewertet wurden Aktienkapital, Unternehmen, Kapitalanlagen, Immobilien, aber auch Kunstsammlungen und Familienstiftungen.
Bei Familien tauchen Mitglieder mitunter mehrfach in der Liste auf, etwa beim Schwarz-Clan (Schwarz Pharma) oder bei den Engelhorns (ehemals Boehringer Mannheim). Ab 60 Mitgliedern wurden die Vermögenswerte zusammengefasst, in diese Kategorie fallen die Familien Boehringer und von Baumbach (Boehringer Ingelheim, 41,3 Milliarden Euro) und Merck (Merck, 33,9 Milliarden Euro).
Insgesamt summiert sich das Vermögen der erstmals ermittelten 1000 reichsten Deutschen auf 901 Milliarden Euro, knapp die Hälfte davon (515,3 Milliarden Euro) entfällt auf die ersten 100 Plätze. Insgesamt gibt es 182 Milliardäre, dazu kommen 13 Großfamilien mit mehr als 60 Mitgliedern. Rechnet man deren Besitz hinzu, verfügt der Geldadel in Deutschland über ein Gesamtvermögen von 1,1 Billionen Euro. Das entspricht laut „Bilanz“ mehr als einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts.
Den Superreichen geht es dabei immer besser: Im vergangenen Jahr wuchsen die Aktiva der Top-750 laut Bericht um 11,5 Prozent auf 861,3 Milliarden Euro. In nahezu allen Fällen ist der Besitz eingebunden in Unternehmen, Grundbesitz, Kunstsammlungen oder Stiftungen, die den Besitz schützen und die Steuerlast senken sollen.