Wenn man bei DocMorris ein verschreibungspflichtiges Medikament auf Kassenrezept sucht, wird nicht nur der Zuzahlungsbetrag angezeigt, sondern auch der Listenpreis. Der ist durchgestrichen – ein Schnäppchen also, könnte man als Laie meinen. Die Wettbewerbszentrale sieht darin eine „Gefahr der Irreführung“ und prüft, ob sie gegen diese Art der Werbung vorgehen wird.
Bei dem angegebenen, durchgestrichenen Preis handelt es sich um den Apothekenverkaufspreis (AVP) für verschreibungspflichtige Arzneimittel, der in Deutschland gesetzlich geregelt ist und damit der Preisbindung unterliegt. Wählt man bei DocMorris als Rezeptart das Privatrezept aus, wird genau dieser Preis ausgewiesen. Heißt: Es wird keine Ersparnis suggeriert.
Gegenüber Kassenpatienten wird dagegen der Eindruck erweckt, sie kämen bei DocMorris viel günstiger weg als beispielsweise in der Apotheke vor Ort. Zusätzliche Verwirrung entsteht dadurch, dass am Preis zwar ein Sternchen steht, ihm aber keine eindeutige Erklärung zugeordnet wurde. Eine Fußnote sucht man vergebens.
Für die Wettbewerbszentrale ist diese Art der Preisausschreibung fragwürdig, da „schon nicht klar ist, ob es sich bei dem Streichpreis nun um eine UVP, also eine Preisempfehlung des Herstellers, oder um den AVP, den von einer gesetzlichen Krankenkasse zu erstattenden Preis, handelt. Dies lässt die Werbung offen.“
Diese Art der Preiswerbung des niederländischen Versenders sei wettbewerbsrechtlich problematisch, findet die Wettbewerbszentrale. Hier könnte durchaus der Eindruck entstehen, dass DocMorris seiner Kundschaft einen Preisvorteil gewährt, den Vor-Ort-Apotheken ihm nicht bieten würden. Deshalb sehe man eine „Gefahr der Irreführung“. „Die durchgestrichenen Preise erzeugen bei einem Adressaten der Werbung den Eindruck, es handle sich um ein besonderes Angebot, das DocMorris seinen Kunden unterbreiten würde.“
Es sei auch keineswegs so, dass der AVP bei DocMorris nicht verlangt werde, denn die jeweilige Krankenkasse sei weiterhin verpflichtet, den Preis in voller Höhe gemäß AVP zu zahlen, heißt es aus Bad Homburg. „Vor diesem Hintergrund wird die Wettbewerbszentrale eingehend prüfen, gegen diese Werbung vorzugehen.“
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hatte in einem ähnlichen Zusammenhang bereits erfolgreich gegen DocMorris geklagt. In einem Verfahren aus dem Jahr 2020 wurde DocMorris verpflichtet, irreführende Preisangaben auf seiner Website zu unterlassen, die den Eindruck erweckten, Rx-Arzneimittel seien günstiger erhältlich. Da DocMorris sich nicht an das Urteil hielt, musste der Versender kürzlich ein Ordnungsgeld von 50.000 Euro zahlen.
Das Landgericht Stuttgart (LG) bestätigte, dass DocMorris weiterhin in ähnlicher Weise Preise angibt, was einen Verstoß gegen das Anerkenntnisurteil darstellt. Das Gericht sah in der Schwere des Verstoßes und der Finanzstärke von DocMorris die Notwendigkeit eines hohen Ordnungsgeldes. Dieses Urteil vom Juli dieses Jahres ist jedoch noch nicht rechtskräftig; es bleibt abzuwarten, ob DocMorris Beschwerde einlegen wird.
Zusätzlich stellte das LG fest, dass DocMorris erneut irreführende Preisangaben macht, indem es den gesetzlichen Eigenanteil als Preis ausweist, was fälschlicherweise den Eindruck erweckt, dass die Medikamente günstiger sind. Das Gericht betonte die große Intensität und Gefährlichkeit des Verstoßes, da er online erfolgt und somit eine breitere Öffentlichkeit betrifft. Das Ordnungsgeld soll sowohl präventiv als auch repressiv wirken, um künftige Zuwiderhandlungen zu vermeiden.
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