Mit vergleichender Werbung halten sich Hersteller normalerweise zurück. Doch in Sachen Magnesium fühlte sich Verlapharm gegenüber der Konkurrenz überlegen. Der Hersteller warb unter Verweis auf eine eigene Studie mit der besseren Bioverfügbarkeit – und obwohl daran nichts falsch war, verbot das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) diese Aussage als irreführend.
Verla hatte ein Werbefax an Apotheke geschickt und behauptet, eine „brandneue Studie“ belege, dass Magnesium Verla purKaps eine „signifikant bessere Bioverfügbarkeit“ aufweise als Biolectra Magnesium von Hermes. In einer als „Information an Fachkreise“ bezeichnete Werbeunterlage wurde erklärt: „Organisches Magnesiumcitrat ist besser bioverfügbar als anorganisches Magnesiumoxid.“ Eine Abbildung zeigte den höheren Anstieg von Magnesium im Urin als „Ausdruck einer besseren Resorption“.
Hermes mahnte den Konkurrenten ab, doch der weigerte sich einzulenken. Denn die Kritik, dass ein ernährungsphysiologischer Nutzen beziehungsweise eine klinisch-therapeutische Relevanz nicht erwiesen seien, sei unbegründet: Eine solche Relevanz sei in der angegriffenen Werbung gar nicht behauptet worden.
So zog Hermes vor Gericht. Wie die Vorinstanz entschied nun auch das OLG gegen Verla. Denn zumindest im Zusammenspiel suggerierten die Aussagen gegenüber den angesprochenen Apothekern, dass die bessere Bioverfügbarkeit mit einem ernährungsphysiologischen Nutzen verbunden sei.
Dies gelte umso mehr, weil eine Überlegenheit gegenüber einem konkreten Konkurrenzprodukt ausgelobt und in der Werbung blickfangmäßig hervorgehoben werde: Der Leser werde wohl kaum annehmen, dass die bessere Bioverfügbarkeit zwar statistisch signifikant, aber ernährungsphysiologisch völlig bedeutungslos sein könnte. „Er geht vielmehr davon aus, dass der in Rede stehende Überlegenheitsaspekt („bessere Bioverfügbarkeit“) werblich deshalb besonders herausgestellt wird, weil ihm auch eine maßgebliche Bedeutung für den Nutzen des Mittels beim Verzehr durch den Verbraucher zukommt.“
Verstärkt werde dies durch die Verwendung des Komparativs „besser“, der – anders als etwa „höher“ – bereits eine wertende Komponente enthalte. Ein erheblicher Teil der angesprochenen Fachkreise erwarte deshalb, mit der besseren Bioverfügbarkeit ein ernährungsphysiologisch bedeutsamer Vorteil verbunden sei, der durch die Studie belegt werde. „Der angesprochene Fachverkehr wird in die Irre geführt, weil es unstreitig keinen Beleg für einen auf einer höheren Bioverfügbarkeit basierenden ernährungsphysiologischen Vorteil des Präparats der Antragsgegnerin gibt“, heißt es im Urteil. Ob die von Verla finanzierte Studie wissenschaftlichen Standards entspreche, ließen die Richter offen, genauso wie die Frage nach möglicherweise irreführenden Maßstäben im abgebildeten Balkendiagramm.
Wie der situationsadäquat aufmerksame, durchschnittlich informierte und vernünftige Apotheker auf die Anzeige reagiert, konnten die Richter nach eigenem Bekunden aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung beurteilen. Denn aus ihrer Sicht gab es keine Anhaltspunkte, dass der angesprochene Fachkreis „die deutsche Sprache anders verstehen könnte als jemand, der ebenfalls ein wissenschaftliches Studium absolviert hat“.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, einen täglichen Bedarf von 300 bis 400 mg Magnesium zu decken. Männer benötigen demnach mehr Magnesium als Frauen und Jugendliche mehr als Ältere. Schwangere haben mit 310 mg keinen erhöhten Bedarf, dieser steige lediglich in der Stillzeit auf 390 mg, so die DGE. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt die Supplementation von maximal 250 mg pro Tag, aufgeteilt in zwei Einzeldosen.
Verla ist Marktführer in den Apotheken, nach Zahlen von Insight Health erwirtschaftet das Familienunternehmen rund 60 Millionen Euro mit seinen Magnesium-Präparaten. Über die Tochterfirma Xenofit werden Nahrungsergänzungsmittel auch im Mass Market vertrieben. Hermes kommt mit der gesamten Biolectra-Range auf rund 40 Millionen Euro.
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