Apotheken-Automat für Nachtschwärmer Carolin Bauer, 28.07.2015 12:31 Uhr
Die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel über ein Automatensystem ohne Beratung ist tabu. Anders sieht es bei der Freiwahl aus. Dr. Stefan Landshamer aus München hat vor seiner Apotheke einen Automaten installiert. Besonders Kondome, Tampons oder Schwangerschaftstests liefen gut. Die Abgabe-Automaten haben sich in deutschen Apotheken bisher jedoch nicht etablieren können.
Ein Anbieter ist das italienische Unternehmen Robovideo, das 1994 von Luca Garimberti gegründet wurde und die Marke PharmaShop24 vertreibt. Insgesamt gibt es laut Hersteller weltweit rund 1500 Automaten, etwa zwei Drittel davon stehen in Italien. Robovideo beschäftigt rund 120 Mitarbeiter. Weitere Märkte sind Spanien, Portugal, Österreich, Frankreich, Großbritannien, Polen sowie Südafrika und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Hierzulande kommt das Geschäft nur schleppend voran. In Deutschland wurde die erste Maschine vor drei Jahren in München installiert. Sechs Automaten sind bundesweit im Einsatz. Der Hersteller ist derzeit auf der Suche nach einem neuen Vertriebspartner. Vor zwei Jahren endete die Zusammenarbeit mit der Hamburger Firma Cisko. Laut Geschäftsführer Sven von Cisewski hielt sich die Nachfrage in Deutschland in Grenzen. „Ich hätte mir mehr Resonanz erwartet. Die Maschinen verkaufen sich in anderen Ländern besser“, sagt er.
Deutsche Apothekeninhaber stehen laut Cisewski der Automatisierung oft kritisch gegenüber: „Manche befürchten, dass ich sie überflüssig machen will.“ Noch betreut Cisewski die Apotheken, die sich für einen Automat entschieden haben. Das Gerät kostet je nach Modell zwischen 16.000 und 19.000 Euro. Laut Cisewski können pro Monat 800 Euro zusätzlich erwirtschaftet werden.
Landshamer hat sich für den Freiwahl-Automaten entschieden. Die Maschine steht in der Münchener Türkenstraße im Bezirk Maxvorstadt. „Hier funktioniert die Idee, da wir viele Kneipen haben“, sagt er. In der Apotheke Alte Heide im Norden Schwabings würde er angesichts der fehlenden nächtlichen Fußgänger dagegen keinen aufstellen.
„In der Türkenstraße lohnt es sich und ich konnte den Rohertrag steigern“, so Landshamer. Pro Nacht bedienten sich zwischen fünf und sieben Kunden, am Wochenende seien es zwischen zehn und 15.
Das Gerät bestückt er täglich mit Medizinprodukten und Kosmetik, insgesamt befinden sich darin rund 80 verschiedene Produkte wie Schwangerschaftstests, Tampons, Schnuller, Zahnpasten sowie -bürsten, Sonnencreme, Schmerzpflaster und Desinfektionsspray. Kondome funktionierten besonders gut, so Landshamer. „Ich verkaufe jetzt die 20-fache Menge an Durex-Produkten.“
Probleme hatte der Apotheker mit der Maschine bislang kaum. Manchmal gebe das Gerät kein Wechselgeld, so Landshamer. Die Kunden kämen dann später mit der Quittung in die Apotheke. Einmal musste der Geldscheinleser ausgetauscht werden. Zu hohe Bedeutung misst er seinem Automaten aber nicht zu: Die Abgabe sei letztlich zu unpersönlich und nur für den akuten Bedarf geeignet.
Robovideo sieht im deutschen Apothekenmarkt Potenzial: 200 bis 300 Automaten könnten pro Jahr installiert werden, sagt eine Sprecherin. Das Unternehmen gibt sich optimistisch und peilt diese Größenordnung an. Deutschland sei wirtschaftlich gut aufgestellt und Automaten gut etabliert. Weitere Anbieter von Abgabe-Automaten sind die italienischen Firmen Fast Trade (Farmamachine) sowie Daint (Pharmat24).
Auch Abhol-Automaten konnten sich hierzulande bislang nicht durchsetzen. Ein Anbieter ist die baden-württembergische Firma Pharma Service Systeme (PSS). Bislang wurden 60 Automaten verkauft. PSS bietet insgesamt vier unterschiedliche Größen mit 14, 30, 60 oder 90 Fächern an. Die Preise rangieren zwischen 9500 Euro für die Minivariante bis 22.500 Euro für den XL-Automaten.