Verdi: Armutszeugnis von Alliance Carolin Bauer, 26.04.2018 12:25 Uhr
Verdi hat die Tarifverrechnung bei Alliance Healthcare Deutschland (AHD) heftig kritisiert. Die erneute Anrechnung der verhandelten 2 Prozent mit übertariflichen Zulagen sei „der Beweis der Geringschätzung“ der täglichen Arbeitsleistung der Mitarbeiter, teilt die Gewerkschaft in einem Schreiben an die Beschäftigten mit.
Der neue AHD-Vorsitzende Wolfgang Mähr und sein Vorstandskollege Miguel Martins da Silva hatten die betroffenen Beschäftigten per E-Mail beziehungsweise per Aushang über die Kürzung informiert. „Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir als Geschäftsleitung beschlossen haben, die Tariferhöhung mit der übertariflichen Zulage komplett und in allen Fällen zu verrechnen“, hieß es.
Verdi kontert: Der Gewerkschaft zufolge wurden bereits Flugblätter mit einer Stellungnahme in den Betrieben des Frankfurter Pharmagroßhändlers ausgehängt. „Für einen großen Teil von Euch wird es also wieder nichts mit der Weitergabe der verhandelten 2 Prozent in 2018 – dies ist die 3. Anrechnung in Folge“, heißt es in dem Brief. AHD erhalten den 1. Platz „bei der Demotivation von Beschäftigten“.
Die Gewerkschaft kritisiert, dass die Mitarbeiter „Tag für Tag für die vielen Kolleginnen und Kollegen mitarbeiten“ müssen, die das Unternehmen verlassen mussten. „Bestehende Zulagen wurden und werden Euch nicht ohne Grund gezahlt.“ Die Betriebsräte und Verdi würden Betroffene bei der Frage unterstützen, ob die Verrechnung überhaupt möglich sei. „Viele Verfahren diesbezüglich wurden in der Vergangenheit bereits gewonnen.“
Besonders tragisch ist laut Verdi die Tatsache, „dass die AHD das einzige Pharmagroßhandelsunternehmen in Deutschland ist, welches sich zu so einem Schritt entschlossen hat – andere versuchen trotz der harten Wettbewerbssituation mit guter Leistung, guter Erreichbarkeit oder guter Lieferfähigkeit zu punkten, leider scheint der AHD nichts Anderes einzufallen, als in Eure Portemonnaies zu greifen und den mühevoll ausgehandelten Kompromiss bei den letztjährigen Tarifverhandlungen zu torpedieren.“
Laut Verdi handelt es sich „um ein Armutszeugnis“. Demnach wurde auch der Zuschuss zur Altersversorgung gestrichen, die Vereinbarung zum Jubiläumsgeld gekündigt und hunderte Arbeitsplätze fielen weg. Die Verrechnung der Tariferhöhung sei „die Krönung“. „Für Verdi stellt sich zunehmend die Frage, ob die richtigen Menschen in Eurem Unternehmen am richtigen Platz sitzen.“
Mähr und da Silva rechtfertigten den Schritt unter anderem damit, ein Unternehmen „zurückgeben“, das künftig „wieder in vielen Bereichen ein attraktiver Arbeitgeber sein wird“. Dafür werde jedoch das gesamte zur Verfügung stehende Kapital benötigt, um langfristige Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Marktsituation einzuleiten. „Gerade seit Beginn des Jahres wurden viele Aktivitäten gestartet und wir stellen uns vertrieblich neu auf. Trotzdem wird dies leider ein weiteres Jahr sein, in dem wir uns nach langen Diskussionen und Abwägen der Argumente entschlossen haben, die Tariferhöhung zu verrechnen.“