Mehr als ein Dutzend Hersteller mussten Valsartan-haltige Arzneimittel aufgrund einer Verunreinigung des Wirkstoffes mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) zurückrufen. Patienten mussten auf Präparate umgestellt werden, die nicht belastet sind. Aktuell versuchen drei Hersteller die Versorgung zu stemmen. Mylan fährt die Produktion hoch – und auch den Preis.
Man habe sich zum Ziel gesetzt, „die Versorgung aller Patienten, die eine Behandlung mit Valsartan benötigen, sicherzustellen“, heißt es von Mylan. Der Generikakonzern will dies „unter Beibehaltung einer stabilen Zuzahlung für die Patienten“ gewährleisten. In den nächsten vier bis fünf Monaten werde das Produktionsvolumen für Europa auf mehr als sechs Millionen Packungen pro Jahr verdoppelt.
„Damit gehen deutlich höhere Produktions- und Logistikkosten einher“, heißt es aus Darmstadt. Die Mehrkosten werden beispielsweise mit der Einführung von 24/7-Produktionsschichten, der Rekrutierung von zusätzlichem Personal, einer schnelleren Lieferung durch Luftfracht, zusätzlichen Qualitätsprüfungen und verstärkten Verpackungskapazitäten begründet.
Im Zuge des erhöhten Aufwandes werde „der Listenpreis für Valsartan dura und Valsartan/HCT Mylan für einige Stock Keeping Units (SKUs) steigen.“ Auf die Patienten werden jedoch keine Mehrkosten zukommen, da sich der Preis innerhalb des aktuellen Festbetragsniveaus bewegen wird. Wirksam wird die Preisänderung bereits am 1. September. Der Preis werde sich durchschnittlich um 9,9 Prozent erhöhen, abhängig von der Verpackungsgröße und Dosierung. Der Preis einiger Verpackungen wird konstant bleiben.
Mylan produziert die aktive Substanz (API) selbst in Indien und war nicht vom Skandal um den verunreinigten Wirkstoff vom chinesischen Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical betroffen. Auch die Bulkware produziert Mylan inhouse in Indien. Die Fertigarzneimittel kommen nach eigenen Angaben aus eigener Herstellung in Europa. Entsprechend finden die Qualitätstests in Indien und Europa inhouse statt.
Allerdings läuft Mylan auch Gefahr, am Ende auf der Ware sitzen zu bleiben. Nicht wenige Ärzte haben ihre Patienten bereits auf einen anderen Vertreter der Wirkstoffklasse umgestellt. Denn das Vertrauen in den Wirkstoff ist vielerorts erschüttert. Allerdings hatte Hormosan auch Irbesartan wegen einer potenziellen NMDA-Verunreinigung zurückrufen müssen. Die Hintergründe blieben im Dunkeln.
Ebenfalls nicht betroffen sind Novartis – der Originalhersteller produziert selbst in Irland und in der Schweiz – und TAD. Anfang Juli erfolgte eine weltweiter chargenbezogener Rückruf. Zurückzuführen war die Anwesenheit von NDMA im Wirkstoff auf die Umstellung des Syntheseweges im Jahr 2012. Dieser wurde vom European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) mit Erteilung des CEP-Zertifikates genehmigt und freigegeben. Experten kritisieren, dass schon damals hätte auffallen müssen, dass NDMA als Verunreinigung während der Wirkstoffsynthese anfällt. Das EDQM habe als Kontrollinstanz versagt.
Zhejiang Huahai Pharmaceutical ist einer von rund 40 Lieferanten für Valsartan weltweit. Die meisten Lohnhersteller der aktiven Substanz gibt es in Indien, hier liefern knapp 20 Firmen den Wirkstoff. In China und Japan sind jeweils ein halbes Dutzend Anbieter zu finden, Fabriken gibt es auch in Mexiko und Italien.
Da ist es nicht verwunderlich, dass auch Valsartan anderer Lohnhersteller verunreinigt ist. Der chinesische Lohnhersteller Zhejiang Tianyu Pharmaceutical hatte ebenfalls mit NDMA verunreinigten Wirkstoff ausgeliefert, die Belastung war jedoch weitaus geringer. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte Anfang des Monats bekanntgegeben, dass auch in Valsartan-Präparaten NDMA entdeckt wurde, bei denen der Wirkstoff vom indischen Hersteller Hetero Lab stammt.
Anhand der durchschnittlichen Konzentration von 60 ppm NDMA bei Valsartan-Produkten mit dem Wirkstoff von Zhejiang Huahai schätzt die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) ausgehend von 5000 Patienten, die über einen Zeittraum von sieben Jahren täglich mit der höchsten Valsartan-Dosis von 320 mg behandelt werden, dass es einen zusätzlichen Krebsfall geben könne.
APOTHEKE ADHOC Debatte