Das Geschäft mit dem Auge Patrick Hollstein, 23.04.2014 14:49 Uhr
Valeant will Allergan übernehmen. Kommt der Deal zustande, würde ein neues globales Schwergewicht im Bereich der Augenheilkunde entstehen. Unter dem Dach des kanadischen Mutterkonzerns würden Allergan und Bausch & Lomb zur Novartis-Tochter Alcon aufschließen und Anbieter wie Johnson & Johnson (J&J) und Regeneron weit hinter sich lassen.
Allergan ist vor allem für sein Faltenmittel Botox bekannt, doch die Hälfte seines Umsatzes von zuletzt 6,2 Milliarden US-Dollar macht der Konzern mit Ophthalmika wie Alphagan, Coliquifilm, Efflumidex, Inflaneran, Liquifilm, Lumigan, Optive und Vistagan. Nur jeweils rund 15 Prozent entfallen auf Botox-Produkte für medizinische und kosmetische Zwecke, der Rest auf ästhetische Medizin.
Valeant hat im vergangenen Jahr mit der Übernahme von Bausch & Lomb den Sprung in den Markt geschafft. 8,7 Milliarden Dollar zahlten die Kanadier für den Pharma- und Kontaktlinsenkonzern, der seit 2007 dem Finanzinvestor Warburg Pincus gehört hatte.
Der Umsatz von zuletzt 3 Milliarden Dollar verteilt sich zu jeweils rund 40 Prozent auf die Bereiche Arzneimittel (Artelac, Berberil, Corneregel, Ocuvide, Panthenol, Vividrin, Vivimed, Vivinox) und Kontaktlinsen (PureVision, Soflens), der Rest entfällt auf chirurgische Produkte.
Gemeinsam würden die beiden Geschäftsbereiche auf einen Umsatz von 6,3 Milliarden Dollar kommen. Damit läge Valeant hinter der Novartis-Tochter Alcon, die mit Arzneimitteln wie Azopt/Azarga, Dexa-sine, Lacrisic,Polyspectran und Systane sowie Kontaktlinsen und Pflegeprodukten wie Opti-free, Clens und Suprafresh rund 10,2 Milliarden Dollar erlöst.
J&J, bislang auf Augenhöhe mit Bausch & Lomb, würde mit seinen Marken Acuevue und Visine auf Platz 3 im globalen Ranking landen. Dahinter kämen Regeneron (1,6 Milliarden Dollar), Roche (1,5), CopperVision (1,3), Santen (1,2) sowie Abbott und Zeiss mit jeweils rund 800 Millionen Dollar und Bayer mit 700 Millionen Euro Jahresumsatz.
Allerdings würde der Bereich nur einen Teil des Geschäfts von Valeant ausmachen. Von dem erwarteten Gesamtumsatz in Höhe von 15 Milliarden Dollar entfielen 2,8 Milliarden Dollar auf Produkte aus den Bereichen ZNS und Zahngesundheit, 2,1 Milliarden Dollar auf den ästhetischen Bereich und 1,5 Milliarden Dollar auf verschreibungspflichtige Dermatika. Erlöse von 1,3 Milliarden Dollar kämen über OTC-Produkte, 3,8 Milliarden Dollar aus Entwicklungsländern.
In Deutschland kommen Bausch & Lomb und Allergan jeweils auf Umsätze von rund 100 Millionen Euro. Die Niederlassung von Allergan sitzt in Ettlingen und wird von Dr. Thomas Keller geführt, bei Bausch & Lomb sind in Berlin Gaëlle Waltinger (Pharma) und Eberhard Kühne (Finanzen) für die Geschäftsführung zuständig. Rüdiger Hoppe leitet den Bereich Marketing & Vertrieb. Valeant selbst ist hierzulande nicht aktiv, seit das Europageschäft 2008 für 392 Millionen Dollar an Meda verkauft wurde.
Valeant bietet annähernd 50 Milliarden US-Dollar (36 Milliarden Euro) für Allergan – ein Vielfaches dessen, was für Bausch & Lomb, nach Umsatz immerhin halb so groß wie die beiden Konzerne, vor einem Jahr auf den Tisch gelegt wurde. Allerdings wird nicht in bar gezahlt, sondern überwiegend in Aktien: 43 Prozent der Anteile sollen die Allergan-Aktionäre am neuen Unternehmen halten. Einen Unterstützer hat Valeant schon: Der US-Investor Bill Ackman, der knapp 10 Prozent an Allergan hält, will auch Großaktionär eines kombinierten Konzerns bleiben.