USA

Bayer: Klagewelle gegen Xarelto

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Leverkusen -

Der Pharma- und Pflanzenschutzkonzern Bayer sieht sich in den USA mit einer Klagewelle gegen sein Medikament Xarelto konfrontiert. Zwischen Januar und Oktober stieg die Zahl der Klagen von Anwendern des Gerinnungshemmers nach Unternehmensangaben von rund 4300 auf 13.800. Inzwischen sei sogar die Schwelle von 14.000 Patientenklagen überschritten worden, berichtete das „Handelsblatt“. Xarelto hat Bayer zuletzt Milliardenumsätze beschert.

Die Kläger machen das Medikament zur Behandlung und Prävention von Blutgerinnseln für Gesundheitsschäden und sogar Todesfälle verantwortlich. Bayer weist die Vorwürfe zurück. Eine Firmensprecherin verwies darauf, dass die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und die europäische Zulassungsbehörde EMA das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis des Medikaments bestätigten. Das Unternehmen habe gute Argumente, sich zu verteidigen.

Dennoch ist das mit derartigen Klagewellen verbundene Risiko nicht zu vernachlässigen. Wie teuer es werden kann, zeigt der Rechtsstreit um die Antibabypille Yasmin/Yaz. Hier hat Bayer inzwischen mit mehr als 10.000 betroffenen Frauen Vergleichszahlungen in Höhe von mehr als 2,1 Milliarden US-Dollar (1,9 Mrd Euro) vereinbart. Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim zahlte 2014, um einen jahrelangen Rechtsstreit wegen tausender Klagen gegen seinen Gerinnungshemmer Pradaxa zu vermeiden, 650 Millionen US-Dollar.

Bei einer Zulassungsstudie für Xarelto (Rivaroxaban) sollen defekte Messgeräte verwendet worden sein, wie im Dezember des vergangenen Jahres bekannt wurde. Auch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) untersuchte den Vorgang.

Bei Tests von Patienten sei in einer Gruppe ein nicht funktionstüchtiges Gerät zur Bestimmung der Gerinnungswerte verwendet worden. Bayer bestritt das auf Nachfrage nicht, wies aber auf andere Studien hin, die die Ergebnisse aus der Zulassungsstudie betätigt hätten.

In der betroffenen Studie wurde Xarelto zur Schlaganfallprophylaxe bei mehr als 14.000 Patienten mit Vorhofflimmern mit dem Therapiestandard Warfarin verglichen. Das Risiko für Schlaganfälle und Thromboembolien konnte im Vergleich zu Warfarin um 21 Prozent gesenkt werden. Außerdem reduzierten sich unter Xarelto das Auftreten von Herzinfarkten sowie die Gesamtsterblichkeit. Die Blutungsraten waren mit denen von Warfarin vergleichbar.

Die defekten Geräte wurden ausschließlich in der Vergleichsgruppe angewendet. Die EMA befürchtete, dass sich die Gerinnungswerte durch die falsche Messung negativ auf die Werte der Warfarin-Gruppe auswirkten. Dadurch könnte das Ergebnis der Studie zugunsten von Xarelto verfälscht worden sein.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, stehen Bayer empfindliche Umsatzeinbußen ins Haus. Xarelto ist der Blockbuster des Konzerns mit einem Jahresumsatz von zuletzt 1,7 Milliarden Euro. Zusätzlich muss mit Strafzahlungen und einem herben Imageverlust gerechnet werden. Die Bayer-Aktie rauschte bereits in den Keller.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat ebenfalls Untersuchungen eingeleitet. In den USA ist das Thema noch brisanter: Wie die Konkurrenten Boehringer und Pfizer (Eliquis, Apixaban) muss sich Bayer bereits mit Klagen von Patienten auseinandersetzen. Die Gerinnungshemmer der drei Konzerne werden für Blutungen und Todesfälle verantwortlich gemacht.

Auch in Deutschland war die Zahl der gemeldeten Todesfälle unter Xarelto in den Jahren nach der Zulassungserteilung deutlich angestiegen. Bereits zwischen 2011 und 2012 war die Zahl der dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Verdachtsberichte von 58 auf 72 gestiegen. 2013 lagen 102 Verdachtsberichte zu Todesfällen vor. Nach Ansicht des BfArM könnte der Anstieg der Meldungen aber auch auf gestiegene Verordnungszahlen oder stärkere öffentliche Aufmerksamkeit für ein Mittel zurückzuführen sein. Aktuell werden Patenten von der Behörde aufgefordert, die Behandlung keinesfalls ohne Rücksprache mit dem Arzt zu unterbrechen.

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