Apotheker dürfen OTC-Arzneimittel auch über die Handelsplattform Amazon verkaufen. Das hat das Landgericht Magdeburg soeben entschieden. Demnach handelt es sich dabei um eine ganz normale Spielart des Versandhandels. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Holger Neubert betreibt die Bodfeld-Apotheke in Elbingerode und ist auch im Versandhandel aktiv. Bei Amazon hat er als Marktplatz-Verkäufer einen eigenen Händlershop. Den Verkauf über die Plattform sieht sein Münchener Kollege Dr. Hermann Vogel jr. kritisch. Er hat Neubert abgemahnt und schließlich Klage eingereicht.
Doch aus Sicht des LG Magdeburg verstößt der Verkauf von OTC-Medikamenten über die Plattform nicht gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Richter beziehen sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2012 (Urteil vom 18.10.2012 Az. 3 C 25/11), wonach grundsätzlich der Internetversandhandel mit rezeptfreien Medikamenten erlaubt sei.
„Wenn aber grundsätzlich 'Internetapotheken' erlaubt sind, dann darf ein Apotheker auch als Vertriebsweg den über eine Handelsplattform – wie amazon.de – wählen“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Die Handelsplattform vermittele lediglich den Zugang zum Angebot des beklagten Apothekers. „An der pharmazeutischen Tätigkeit ist die Handelsplattform nicht beteiligt, da Verkauf und Versand allein durch den Beklagten erfolgen.“ Dieser betreibe eine Apotheke und besitze die Erlaubnis zum Versand von Medikamenten.
Ein Gesetzesverstoß liegt laut Gericht auch nicht darin, dass es bei Amazon Kundenbewertungen gibt, und zwar zur Apotheke und zu Medikamenten. Das Verkäuferprofil weise 100 Prozent positive Bewertungen auf, davon ganze 512 in den letzten zwölf Monaten. Und jeder Nutzer könne sofort erkennen, dass es sich hierbei nicht um Werbung und Bewertungen der Apotheke selbst, sondern um Meinungen der Verbraucher handelt. „Damit hat der Beklagte auch nicht gegen Vorschriften der Medikamentenwerbung verstoßen“, so das Gericht.
Aus Vogels Sicht bedeutet der Verkauf von OTC-Präparaten über Amazon im Grunde eine Umgehung der Apothekenpflicht. Er machte zudem einen Verstoß gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geltend, die den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel in der Freiwahl verbietet. Das „Schaufenster“ bei Amazon sei im Grunde nichts anderes, so das Argument. So hatte das Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) den Verkauf von Aspirin jenseits des HV-Tischs untersagt. Begründung: Der Kunde habe seine Kaufentscheidung dann schon vor einer möglichen Beratung gefällt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Vogel kann innerhalb eines Monats Berufung einlegen. Nächste Station wäre Oberlandesgericht Naumburg (OLG). Parallel läuft ein zweites Verfahren. Hier hatte das Landgericht Dessau/Roßlau der Klage Vogels stattgegeben, mit Blick auf datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Modell. Das Verfahren ist allerdings ebenfalls noch nicht abgeschlossen, der beklagte Apotheker hat Berufung eingelegt.
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