Bei OTC und Nahrungsergänzungsmitteln gehört der Vertrieb über das Internet zum Geschäft. Dass die Produkte auch im Versandhandel an den Mann gebracht werden, ist auch für die meisten Apotheken heute eine Selbstverständlichkeit. Den Unmut der Pharmazeuten ziehen Hersteller nur auf sich, wenn sie Versandapotheken allzu offensiv protegieren. Aktuelles Beispiel: Ein Apotheker kritisiert Ursapharm für den Vertrieb des Mittels Aronia+.
Aronia+ enthält neben dem Saft aus der Aroniabeere Zink, Selen, Vitamin D3 und einen Vitamin B-Komplex. Das Nahrungsergänzungsmittel zur Stärkung des Immunsystems kam 2010 auf den Markt. Dazu hat Ursapharm mit Kiobis kooperiert, einer Tochter des Getränkeherstellers Karlsberg.
Auf der eigenen Produktseite im Internet gibt es auch einen Apothekenfinder. Über eine Postleitzahlsuche lassen sich im gewählten Umkreis Apotheken auf der Karte anzeigen. Eine Routenplanerfunktion ist zusätzlich eingebunden. Dem Hersteller zufolge sind dort alle Apotheken gelistet.
Darunter werden auf der Website als Alternative ausgesuchte Versandapotheken namentlich empfohlen und auch gleich in deren Shops verlinkt: „Bitte klicken Sie auf eine der hier aufgeführten Versandapotheken, wählen Sie zwischen Aronia+ immun und Aronia+ Kids und bestellen Sie bequem online“, heißt es zur Einführung.
17 Versender werden auf diese Weise von Ursapharm verlinkt: Apotal, DocMorris, Zur Rose, EU-Versandapotheke, Shop-Apotheke, Eurapon, Medikamente-per-Klick, Apo-Rot, Vitalsana, Medpex, Delmed, Besamex, Europa Apotheek, Aponeo, Mycare, Sanicare und Aliva. Auswahl und Anordnung auf der Homepage sind laut einem Ursapharm-Sprecher zufällig.
Ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen ärgert sich über die Unterstützung des Versandhandels: „Wir machen das Produkt in der Apotheke vor Ort bekannt und die Folgebestellung sollen die Kunden dann ‚bequem online‘ aufgeben“, kritisiert er.
Da selbst der Außendienst überrascht gewesen sei, beschwerte er sich direkt beim Vertriebsleiter. Der teilte ihm nach interner Rücksprache jedoch mit, dass Ursapharm an der derzeitigen Apothekensuche festhalten werde. Dem Apotheker wurde angeboten, auch auf seinen Webshop zu verlinken, sofern er über eine Versanderlaubnis verfüge. Doch der Apotheker verschickt nichts und findet auch die unmittelbare Weiterleitung gegenüber Kollegen nicht fair.
Ein Grund für die Einbindung der Versender ist dem Sprecher zufolge die derzeit noch mäßige Distribution. Denn aktuell führten nur etwa 30 Prozent der Apotheken Aronia+ im Sortiment. Der Versandanteil sei allerdings verschwindend gering. „Die Apotheke vor Ort ist für uns ganz klar der wichtigste Partner“, so der Sprecher. So sei der Button zum Direktkauf auf mobilen Endgeräten nicht prominent zu sehen. Kunden, die unterwegs nach Aronia+ suchen, sollen sofort in eine Apotheke in der Nähe gelotst werden. Im Übrigen sei man nicht der erste und nicht der einzige Hersteller, der auf Versender verweise.
Die Ironie in der Geschichte: Der verärgerte Apotheker wollte Aronia+ eigentlich auf seinem Flyer bewerben. Auf der Suche nach geeigneten Packshots war er im Internet zufällig auf die Apothekensuche aufmerksam geworden. Jetzt will er die Lieferung zurückschicken und allenfalls eine Packung für Nachfragen an Lager legen.
Im vergangenen Jahr hatte Ursapharm sein Portfolio aufgeräumt: Aronia+ Mental, Vital M und Vital F flogen aus dem Sortiment. Die Fokussierung auf das Thema Immunsystem mit großer medialer Präsenz sollte die Marke stärken. Zusätzlich wurde Aronia+ Kids neu eingeführt.
Aronia+ gibt es als Packung mit 7, 14 oder als Monatspackung mit 30 Trinkampullen zu je 25 Millilitern im Handel. Für Kinder ab vier Jahren ist Aronia+ Kids „für tapfere Indianer und Blutsbrüder” als Gummidrops erhältlich. Als Werbefigur wird der Comic-Indianer Yakari genutzt. Die Produkte sind frei von Gluten, Laktose, künstlichen Aromen und Farbstoffen. Aufgrund der positiven Entwicklung der Umsatzzahlen in den vergangenen vier Jahren hält Ursapharm an der Apotheke als exklusivem Vertriebskanal fest.
Ursapharm ist eigentlich auf Augenprodukte spezialisiert und erzielt damit einen Umsatz von knapp 90 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP). Die Marken Bromelain-POS, Zinkorotat-POS und Hysan gehören auch zum Sortiment des Unternehmens mit Sitz in Saarbrücken. Ursapharm beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter und ist mit seinen Produkten in 70 Ländern vertreten. Das Unternehmen wird vom ehemaligen Bundesligaprofi Frank Holzer und seinem Sohn Dominik geführt.
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