Versuche, die Sichtwahl zu modernisieren und in virtuelle Modelle zu verwandeln, sind heute nicht mehr neu. In den ersten Apotheken ersetzen große Monitore bereits die traditionellen Regale mit Packungen, Preisschildern und Staubkörnchen. Bei einer Sache sind sich die Apotheker aber einig: Die Sichtwahl soll in der Apotheke bleiben.
73 Prozent der Teilnehmer eine Umfrage von APOTHEKE ADHOC sind der Meinung, eine Sichtwahl außerhalb der Apotheke sei kein wünschenswertes Zukunftsmodell: 33 Prozent sehen sogar eine Gefahr, ein Werbebildschirm mit OTC-Produkten außerhalb der Apotheken „stärkt den Versandhandel“. Weitere 31 Prozent kommentierten, eine Sichtwahl außerhalb der Offizin sei „unnötig, die braucht kein Mensch.“ Bei 19 Prozent fallen derlei Lösungen unter „technischen Firlefanz“. Sie sind sicher: „Das wird sich nicht durchsetzen.“
Nur 16 Prozent sehen etwas Gutes darin, eine Sichtwahl außerhalb der Offizin aufzubauen: 5 Prozent sagten, der Ansatz sei „super“ und bringe „mehr Reichweite“. 11 Prozent finden innovative Ideen generell gut, sie „helfen immer weiter“. Am 13. und 14. Oktober nahmen 166 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC an der Umfrage teil.
Carefusion/Rowa hat auf der Expopharm ein neues Modul vorgestellt, das genau das können soll. Nach dem juristischen K.o. für Visavia traut sich der Automatenhersteller damit erstmals wieder in die Publikumszone. Vshelf soll die Apotheke weit über ihre Betriebsräume hinaus erreichbar machen.
Die digitale Abverkaufshilfe besteht aus zwei großen, berührungssensitiven Bildschirmen, auf denen etwa in Eingangsbereichen von Firmen oder in Hotelfoyers OTC- und Freiwahlprodukte wie im Verkaufsregal präsentiert werden sollen. Neben dem Preisschild ist ein QR-Code abgebildet, der mit dem Handy eingescannt werden kann. Über einen Webshop, der auch von Rowa bereitgestellt wird, kann der Artikel so von unterwegs aus in der Apotheke reserviert und bezahlt werden. Der Kunde kann die Artikel in der Apotheke abholen oder nach Hause liefern lassen.
Laut Vertriebschef Dirk Bockelmann geht es bei Vshelf darum, die Reichweite und Erreichbarkeit der Apotheken gegenüber den Kunden zu erhöhen. Nach den ersten positiven Reaktionen auf der Messe rechnet er allerdings auch mit Gegenwind. Denn obwohl man das Konzept rechtlich prüfen lasse habe, gebe es gewisse Grauzonen. Als Beispiel nennt er das Aufhängen der Werbebildschirme in öffentlichen Räumen, Einkaufszentren etwa.
Die Gefahr, dass Versandapotheken Vshelf nutzen könnten, um etwa im Eingangsbereich von Ärztehäusern Bestellungen einzusammeln, sieht Rowa-Geschäftsführer Dirk Wingenter nicht. Einerseits würden nur pharmazeutisch unkritische Präparate angezeigt, andererseits sei Vshelf gerade als Chance für die niedergelassenen Apotheken zu sehen: „Wir schaffen eine lokale Infrastruktur, die eine zeitnahe Belieferung gewährleistet. Das kann der Versandhandel nicht leisten“, sagt er.
APOTHEKE ADHOC Debatte