OTC-Hersteller

Umbruch bei Sanofi Patrick Hollstein, 22.01.2019 07:54 Uhr

Berlin - 

Zwei Jahre ist es her, dass Sanofi sein Veterinärgeschäft gegen die OTC-Sparte von Boehringer Ingelheim eintauschte. Damals wurden weite Teile der Belegschaft übernommen; ohne diese Auflage wäre der Deal wohl nicht zustande gekommen. Doch nach Ablauf der Friedenspflicht haben jetzt die meisten Führungskräfte ihren Schreibtisch geräumt. Auch der Außendienst wird wohl in Kürze umgebaut.

Anfang 2017 bezog das „Team Boehringer“ die neuen Geschäftsräume bei Sanofi in Frankfurt. Die insgesamt rund 20 Führungskräfte hatten Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren bekommen. Deren Verlängerung stand jetzt an, doch seit dem Jahreswechsel ist so gut wie keiner der alten Verantwortlichen mehr an Bord.

So ist Patricia Alison Hartley seit Dezember nicht mehr für den französischen Konzern tätig; die Britin hatte das OTC-Geschäft in Deutschland seit Februar 2014 geleitet. Sie hatte den Posten von Dr. Norbert Camp übernommen; davor hatte sie drei Jahre lang das weltweite Marketing geleitet. Ein Nachfolger wird noch gesucht; vorübergehend sind die Aufgaben unter Hinzuziehung des globalen Teams verteilt.

Vertriebsleiter Jean Bouvain ist seit November nicht mehr an Bord, seinen Posten hat Torsten Knor übernommen. Knor kommt eigentlich aus dem Bereich Finanzen, hatte aber bei GlaxoSmithKline (GSK) Karriere im Vertrieb gemacht, bevor er Anfang 2016 zu Boehringer kam und dann mit zu Sanofi wechselte. Ihm dürfte es obliegen, den Außendienst mit derzeit rund 100 Mitarbeitern neu zu strukturieren.

Veränderungen gibt es auch im Marketing. Silke Schäfer, Produktgruppenleiterin Cough & Cold, ist nicht mehr an Bord; eine Nachfolge wird noch gesucht. Stefanie Metzner, bislang für den Bereich Magen/Darm zuständig, ist bereits seit Juli nicht mehr da. Sie ist seit Anfang Januar bei Fresenius Kabi für das strategische Marketing zuständig – und hat den Job gewissermaßen mit ihrer Nachfolgerin bei Sanofi, Katrin Ubben, getauscht. Alexandra Böhme behält die Verantwortung für die dritte Produktgruppe, Schmerz & Vene.

Die Marketingleitung hatte im Oktober Géraldine Rey übernommen; sie hatte die Nachfolge von Dr. Thomas Went angetreten, der Anfang 2018 als Marketingleiter der Veterinärsparte von Boehringer zurück zu seinem alten Arbeitgeber gewechselt war. Joss Hertle kam ebenfalls im Oktober als Leiter Digital Business Transformation an Bord.

Im Sommer 2016 hatte Vincent Warnery, damals als Senior Vice President bei Sanofi für das globale OTC-Geschäft zuständig, noch eine „inverse Integration“ angekündigt: Die Mitarbeiter von Boehringer machten einen guten Job; man habe nicht vor, dies zu stören, versicherte er. Bei früheren Übernahmen habe man viele Fehler gemacht, aus denen man aber gelernt habe. So scheitere die Integration immer dann, wenn man die Mitarbeiter und die kulturellen Besonderheiten nicht berücksichtige und schütze. Oft arbeiteten die Teams vor Ort schneller und effizienter, wen man ihnen keine Konzernregeln überstülpe.

Insbesondere der Abgang von Hartley wirft Fragen auf, denn sie war nicht nur als OTC-Chefin von Sanofi, sondern auch als stellvetretende Vorsitzende des Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in der Branche bekannt. Offiziell heißt es, sie habe sich entschieden, neue berufliche Herausforderungen außerhalb des Konzerns zu suchen. Umso erstaunlicher ist es, dass der Konzern bislang keinen Nachfolger präsentieren kann.

Schon gibt es die ersten Spekulationen, Sanofi könnte sich von seiner OTC-Sparte trennen. Denn der letzte Pharmakonzern, der über Monate hinweg keinen Bereichsleiter für Deutschland hatte, war Pfizer. Der US-Konzern hatte kurz vor Weihnachten angekündigt, seine OTC-Sparte in ein Gemeinschaftsunternehmen mit GlaxoSmithKline (GSK) einzubringen. Bei Sanofi ist auf globaler Ebene Alan Main für das Consumer-Geschäft zuständig. Er war 2016 von Bayer zum französischen Konzern gewechselt.

Sanofi ist laut Insight Health mit einem Umsatz von 360 Millionen Euro (Apothekenverkaufspreise, AVP) die Nummer 4 unter den OTC-Herstellern in Deutschland. Allerdings trat das Geschäft zuletzt auf der Stelle, während der Markt um 3 Prozent zulegte. Weiter bekannte Marken neben Thomapyrin, Mucosolvan und Dulcolax sind Buscopan, Laxoberal und Ibuflam.