Trotz einstweiliger Verfügung: Bönig macht weiter APOTHEKE ADHOC, 07.02.2022 09:51 Uhr
Unternehmer Markus Bönig gibt sich nicht geschlagen: Jüngst hatte ihm das Landgericht Stade die Ausstellung von Impfunfähigkeitsbescheinigungen über die Seite „Nachweis-Express.de“ untersagt. Doch ihm zufolge habe es damit nichts erreicht, im Gegenteil: Der einstweiligen Verfügung lägen nicht nur falsche Sachverhalte zugrunde, sie richte sich auch an das falsche Unternehmen. Bönig geht nun in die Offensive: Er baut das Angebot noch aus – und will das Gericht wegen Rechtsbeugung verklagen.
Bönigs Angebot war – wenig überraschend – von Anfang an umstritten: Auf der Seite können sich Kunden für 17,49 Euro „vorläufige Impfunfähigkeitsbescheinigung“ von einer Ärztin a.D. ausstellen lassen. Das Dokument erhalten sie, nachdem sie einen Fragebogen ausgefüllt haben, ohne persönlichen Kontakt zu einem Arzt oder einer Ärztin. Das Prinzip ist einfach: Auf Grundlage des Fragbogens soll bescheinigt werden, dass nicht auszuschließen ist, dass sie allergische Reaktionen gegen die Impfung zeigen. Ihnen wird dann der Besuch bei einem Allergologen angeraten.
Dagegen regte sich schnell Widerstand: Während die zuständige Ärztekammer Strafanzeige gegen die Ärztin gestellt hat, ging die Wettbewerbszentrale gegen das Unternehmen vor. Ihr Argument: Das Angebot verstoße gegen das Fernbehandlungsverbot gemäß Heilmittelwerbegesetz (HWG), da die Feststellung von Allergien zur Erkennung oder Behandlung von Krankheiten gehöre. Das Landgericht Stade war dieser Auffassung gefolgt und hatte die Bewerbung und Ausgabe der Bescheinigungen untersagt, per einstweiliger Verfügung und ohne mündliche Verhandlung.
Aus Bönigs Sicht hat sich das Landgericht dabei aber verhoben – und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. „Erstens ist die Entscheidung falsch, zweitens geht sie ins Leere“, sagt er. „Die Verfügung hat keinerlei Auswirkungen auf die Website.“ Denn hinter der Seite stehe gar nicht die in der Verfügung genannte Nachweis-Express GmbH, sondern die Clinico GmbH. Doch wozu dann die Nachweis-Express GmbH? „Sie hat derzeit keine Funktion“, sagt Bönig.
Gegen die Cilinico GmbH wiederum sei keine einstweilige Verfügung ergangen, betont Bönig. Deshalb sei ihr auch der Weiterbetrieb der Seite nicht untersagt. Außerdem gebe es auch aus verfahrenstechnischer Sicht Einwände gegen die Entscheidung, da die Wettbewerwerbszentrale in ihrer Abmahnung andere Gründe aufgeführt hatte als schließlich in der einstweiligen Verfügung genannt wurden. Doch Bönig hat noch weitaus grundlegendere Einwände – und will deshalb nun selbst gegen das Gericht zur Tat schreiten.
„Was in der Urteilsbegründung aufgeführt wird, hat offensichtlich nichts mit dem zu tun, was wir da machen“, sagt er. „Es wird auf der Webseite klipp und klar formuliert, dass es sich nicht um eine Behandlung handelt.“ Denn Bönig hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei dem Angebot nicht um eine fernärztliche Behandlung handelt, sondern um eine gutachterliche Stellungnahme – und für die sei nach aktueller Gesetzeslage kein persönlicher Kontakt notwendig.
Er habe deshalb keine Zweifel, dass es mit dem Nachweis-Express weitergehen werde und er Recht erhält. Die Hauptsacheverhandlung in dem Verfahren sei für den 10. Februar angesetzt. „Da werden wir uns das erste Mal inhaltlich damit auseinandersetzen.“ Er sei sich sicher, dass die einstweilige Verfügung dann kassiert wird. „Wir sind der Auffassung, dass das Gericht den Sachverhalt nicht richtig erkannt hat.“ Gegen all das wolle er sich auch rechtlich zur Wehr setzen, kündigt Bönig an: „Wir werden wegen des Verdachts der Rechtsbeugung strafrechtlich gegen den Richter vorgehen.“
Für Bönig ist das zum Teil auch Ehrenrettung. „Ich verwahre mich gegen den Eindruck, der da erweckt wird, ich würde etwas Unseriöses anbieten“, sagt er. „Es handelt sich um ein Aufklärungsangebot und um eine Feststellung, dass der Nutzer nichts über seine Allergien sagen kann, bevor es nicht ärztlich abgeklärt wird.“ Viele Ärzte würden ihre Patienten darüber gar nicht aufklären – der Nachweis-Express helfe dabei, diese Lücke zu füllen. „Wenn wir feststellen, dass der Patient nicht ausschließen kann, dass er allergisch ist, dann raten wir ihm, dass er sich von einem Allergologen untersuchen lassen soll.“
Entsprechend sieht er auch keinen Grund, kürzerzutreten – ganz im Gegenteil: Mittlerweile ist das Angebot unter dem Namen „Liberation Express“ auch in zehn anderen Sprachen verfügbar, darunter Französisch, Italienisch und Niederländisch. Bönig will expandieren: Bis Ende der Woche sei Liberation Express auch Spanien, Portugal, Polen, Tschechien und Ungarn verfügbar – „in nahezu allen wichtigen europäischen Sprachen“, wie Bönig sagt.