Insolventer Hersteller

Theiss investiert bei Krewel Meuselbach

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Berlin -

Der insolvente Hersteller Krewel Meuselbach hat einen Interessenten gefunden: Dr. Theiss steigt als Investor beim Unternehmen mit Sitz in Eitorf ein, am heutigen Tage wurde die Investorenvereinbarung notariell beurkundet. Betroffen sind bekannte Marken wie Aspecton, Bromhexin und Mallebrin.

Krewel Meuselbach bekommt Geld von Dr. Theiss.Foto: APOTHEKE ADHOC

Der Geschäftsbetrieb wird ab 1. November in Abstimmung mit dem Investor fortgeführt. Die beteiligten Parteien sind übereingekommen, in den kommenden Monaten einen Insolvenzplan auszuarbeiten, um so Krewel Meuselbach umfassend zu sanieren. Darüber hinaus wurde ein Investorenkonzept vorgelegt, um das Unternehmen auch langfristig wirtschaftlich tragfähig aufzustellen. Dieses muss vor der Planeinreichung erfolgreich umgesetzt werden.

Die Details werden den Mitarbeitenden in den kommenden Tagen mitgeteilt, in der nächsten Woche wird es zudem eine Mitarbeiterversammlung geben.

Das Unternehmen wird auch weiterhin durch ein erfahrenes Team aus Restrukturierungsexperten von Lieser Rechtsanwälte unter der Führung der Partner Jens Lieser und Dr. Martin Kaltwasser begleitet, welche die Umsetzung der anstehenden Sanierung und des Insolvenzplans in den kommenden Monaten koordinieren werden. Dabei werden Sie durch ein Team von Loschelder Rechtsanwälte um Dr. Nils Derksen unterstützt.

Finanzspritze erlaubt Weiterbetrieb

„Für Krewel Meuselbach ist der Einstieg von Dr. Theiss Naturwaren ein voller Erfolg – durch die Finanzspritze ist die Weiterführung des Geschäftsbetriebes ab dem 1. November 2024 gesichert. Ich danke allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit, die sich in der Investorenvereinbarung widerspiegelt“, so Lieser.

Kaltwasser fügt hinzu: „Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, einen Unternehmer zu finden, der sich zukünftig kompetent um die Belange von Krewel Meuselbach kümmern und das Unternehmen in eine gute Zukunft führen wird. Ich bin zuversichtlich, die geplanten Sanierungsschritte in den kommenden Wochen gemeinsam mit Dr. Theiss Naturwaren und den weiteren Beteiligten erfolgreich umsetzen zu können.“

Giuseppe Nardi, Geschäftsführer Gesellschafter von Dr. Theiss, zeigt sich erfreut: „Wir haben uns lange mit Krewel Meuselbach beschäftigt und sind überzeugt: Wir passen zusammen. Wir freuen uns, Krewel Meuselbach durch unser umfassendes Investorenkonzept zu unterstützen und somit einen wichtigen pharmazeutischen Betrieb in Deutschland zu erhalten.“

Jonas Thielmann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Theiss, ergänzt: „Wir sehen im Geschäftsmodell von Krewel Meuselbach Potenzial. Das Produktportfolio sowie die internationale Vertriebsausrichtung passen zu unserer Wachstumsstrategie. Wir freuen uns auf die gemeinsame Zukunft.“

Zu den bekannten Marken gehört Aspecton.Foto: APOTHEKE ADHOC

Dr. Jens M. Schmidt von Runkel Rechtsanwälte ist vom Gericht als Sachwalter im Sanierungsverfahren bestellt worden. Zur Investorenvereinbarung äußert er sich folgendermaßen: „Die Investorenvereinbarung und damit die Bereitstellung finanzieller Mittel ist nicht nur für Krewel Meuselbach als Unternehmen, sondern auch für die Gläubiger eine gute Nachricht, über die ich mich sehr freue. Ich danke allen Beteiligten für die konstruktive Zusammenarbeit.“

Stark gestiegene Kosten

Krewel Meuselbach hatte am 26. Mai beim zuständigen Amtsgericht Bonn einen Antrag auf Durchführung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens gestellt. Ziel des Schrittes war es, das Unternehmen wirtschaftlich zu stabilisieren und neu auf dem Markt zu positionieren.

Als Grund für die Schieflage nannte der Hersteller aktuelle Herausforderungen wie gestiegene Energiekosten und die Nachwirkungen der Pandemie. Allerdings zeichnete sich der Niedergang seit Jahren ab. Nach dem Tod von Firmenchefin Ingeborg Viefhues im Juni 2011 hatte man zunächst versucht, die Marken neu zu positionieren und das Geschäft zu Wachstum zu führen. Die Investitionen in Marketing und Vertrieb kosteten Geld, und so gab es die ersten Jahre Verluste.

Vertriebsrechte verkauft

2018 wurde die Strategie gewechselt: Für 14,5 Millionen Euro übernahm Hermes unter Geschäftsführer Jörg Wieczorek die Zulassungen und Vertriebsrechte für den deutschen Markt. Doch der erhoffte Befreiungsschlag blieb aus: Erst gingen Millionenbeträge für Abfindungen drauf, 50 der ursprünglich 200 Stellen fielen weg. Dann ließ die Pandemie die Nachfrage nach OTC-Mitteln einbrechen.

Die seit Kriegsbeginn stark steigenden Kosten ließen sich mit den schmalen Margen aus der Lohnherstellung nicht mehr kompensieren; gleichzeitig waren Umbauten der in die Jahre gekommenen Produktion dringend notwendig. Obwohl 2022 wegen Zuwächsen auf der Einnahmenseite noch einmal mit einem positiven Ergebnis endete, waren für 2023 neuerliche Verluste von vornherein eingeplant.

Russland als Risiko

Erschwerend hinzu aber kommt, dass vor dem Krieg mehr als ein Drittel des Umsatzes in Russland erzielt wurde – der Angriff auf die Ukraine wurde daher schon vor zwei Jahren als bestandsgefährdendes Risiko ausgemacht: Während die Kosten für die Auslieferung und die Unsicherheiten mit Blick auf mögliche Zahlungsausfälle stiegen, blieben durch den Verfall des Rubel kaum Erträge übrig. Schon 2022 musste Krewel Meuselbach einen Millionenbetrag abschreiben.

Ingeborg Viefhues, Tochter des Firmengründers, hatte verfügt, dass die Firma nicht verkauft werden darf.Foto: Krewel Meuselbach

Noch in Familienbesitz

Krewel Meuselbach gehört zu den ältesten Pharmaherstellern in Deutschland. Während Krewel 1923 am heutigen Standort gegründet wurde, wurde die 1991 übernommene Firma Meuselbach aus Thüringen bereits 1745 erstmals urkundlich erwähnt. Auch nach dem Tod von Viefhues ist der Hersteller in Familienbesitz. In ihrem Testament hatte die Tochter von Firmengründer Dr. Ernst Georg Blank verfügt, dass das Unternehmen in wirtschaftlicher Selbstständigkeit fortzuführen sei. Über die Geschicke wachte bislang ein Beirat, zu dem neben einem Unternehmensberater und einem Apotheker auch Dr. Günther Auerbach von Dr. Pfleger gehört.

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