Thea Dorn: Echte Vernunft gegen künstliche Intelligenz APOTHEKE ADHOC, 26.02.2018 15:23 Uhr
Ihr neuester Roman „Die Unglückseligen“ befasst sich nicht mit den Apothekern – auch wenn die Branche aktuell Stoff für den Titel bieten würde. Es geht um die Unsterblichkeit, um die Extreme moderner Biomedizin – Thea Dorn geht die großen Fragen an. Und die wird sie auch den Apothekern auseinandersetzen: Die Schriftstellerin, Philosophin und Fernsehmoderatorin ist Keynote-Speakerin bei der Digitalkonferenz VISION.A von APOTHEKE ADHOC und Apotheken Umschau am 21. und 22. März.
Thea Dorn, geboren 1970 in Offenbach, ist kein vorbehaltloser Fan der Automation. In einem Interview mit dem Magazin Chrismon äußerte sie sich unlängst unter anderem zum Thema „Pflegeroboter“. Sie befürchtet, dass an deren Entwicklung massiv gearbeitet wird. „Einerseits ist das verständlich: Es herrscht ein Mangel an Pflegekräften, warum also nicht Abhilfe durch Roboter schaffen? Andererseits wird mit jeder technologischen Lösung eines gesellschaftlichen Problems unsere soziale Kreativität weiter abnehmen“, so die Philosophin.
Bei VISION.A wird sie unter dem Titel „Künstliche Intelligenz und echte Vernunft“ ihre Überlegungen zum Verhältnis von Mensch und Maschine im Zeitalter der digitalen Vollautomatisierung vorstellen. Tickets können hier bestellt werden.
Gegenüber Chrismon schimpfte sie in demselben Gespräch: „Es macht mich rasend, wenn mein Auto mir durch hysterisches Piepsen vorschreiben will, wie ich einparken oder wann ich Pause machen soll. Und Navigationssysteme sind die reinsten Orientierungs-Verblödungs-Maschinen. Wenn möglich, schalte ich das alles ab.“
Und in ihrem Essay „Mensch, Übermensch!“ über Technik-Euphorie im Handelsblatt beschäftigte sich Dorn mit der Frage, was die rapide fortschreitende Digitalisierung und Vollautomatisierung auf einer ganz alltäglichen Ebene mit uns anrichtet.
Es gebe heute kaum noch einen Lebensbereich, für den es keinen algorithmisches Hilfsmittel gebe. „Partnersuche, Ernährung, Fitness, Abendunterhaltung – überall lispelt’s uns entgegen: ‚Menschlein, glaub doch nicht, dass du in deiner Beschränktheit besser wüsstest, was gut für dich ist, als ich in meinem grenzenlosen Big-Data-Wissen! Vertrau mir – und ich werde dich gesünder, schöner, glücklicher machen, als du je warst!‘
Allerdings hat Dorn durchaus Zweifel, ob die Menschheit damit den richtigen Weg zur Glückseligkeit eingeschlagen hat: „Wenn ich mich umschaue, habe ich allerdings nicht den Eindruck, die digitale Dauerbetreuung – die bisweilen bereits zur digitalen Bevormundung geworden ist – habe dazu beigetragen, den Menschen gebildeter, selbstbewusster, ausgeglichener, souveräner oder gar glücklicher zu machen.“
Dorn beunruhigt die Rasanz, mit der die Menschen Entscheidungen an die Technik delegieren und auf die Fähigkeiten der Maschinen vertrauen: „Ein Gespür dafür entwickeln, ob ich mich heute genügend bewegt habe? Überflüssig, die Gesundheits-App sagt’s mir. Vorratsplanung? Überflüssig, der Kühlschrank weiß selbst, wann neue Milch hermuss. Fremdsprachen lernen? Wozu, es gibt doch Übersetzungsprogramme.“
Dorn hat Philosophie und Theaterwissenschaften in Frankfurt, Wien und Berlin studiert und arbeitete als Dozentin und Dramaturgin. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane und Bestseller (u.a. „Die Hirnkönigin“), Theaterstücke, Drehbücher und Essays (u.a. „Die neue F-Klasse – Wie die Zukunft von Frauen gemacht wird") und zuletzt mit Richard Wagner den Sachbuch-Bestseller „Die deutsche Seele“.
Sie moderierte die Sendung „Literatur im Foyer“ im SWR-Fernsehen und kuratierte unter dem Motto „Hinaus ins Ungewisse!“ das „forum:autoren“ beim Literaturfest München 2012. Der Film „Männertreu“, zu dem sie das Drehbuch geschrieben hat, wurde 2014 mit dem „Deutschen Fernsehpreis“ als bester Fernsehfilm des Jahres und 2015 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Seit März 2017 ist sie festes Mitglied beim „Literarischen Quartett“. Im Frühjahr 2018 erscheint ihr Essay: „Deutsch, nicht dumpf. Kleiner Leitfaden für aufgeklärte Patrioten“. Thea Dorn lebt in Berlin.