Bayer ist bei den wegen der Corona-Krise stockenden Vergleichsverhandlungen im US-Glyphosat-Streit zuletzt wieder vorangekommen. Der Pharma- und Agrarchemiekonzern habe inzwischen in bis zu 85.000 von geschätzt 125.000 Klagen zumindest eine mündliche Einigung erzielt.
Ein Sprecher des Unternehmens wollte die Informationen nicht kommentieren. Bayer hatte Ende April bei der Vorlage der Quartalszahlen mitgeteilt, dass die Corona-Krise die Suche nach einer Einigung im US-Glyphosatstreit verzögert. Bayer beteilige sich weiter konstruktiv an der Mediation und habe Fortschritte erzielt, bis der Ausbruch von Covid-19 das Verfahren erheblich verlangsamt habe.
Das hatte sich allerdings zuletzt schon so abgezeichnet. In dem Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken Glyphosat-haltiger Pestizide des 2018 übernommenen Saatgutherstellers Monsanto hatte Bayer ursprünglich dem Vernehmen nach einer Einigung bis zur Hauptversammlung Ende April angestrebt. Bayer will jetzt die Vergleichsverhandlungen voraussichtlich im Juni abschließen. Ein mögliches Ergebnis der Gespräche muss der Aufsichtsrat genehmigen.
Investoren setzen schon länger darauf, dass Bayer den Rechtsstreit um die Produkte des übernommenen Saatgutherstellers Monsanto zeitnah mit einem groß angelegten Vergleich beilegt. Schätzungen zufolge könnte Bayer das um die 10 Milliarden Dollar kosten. Entscheidend sei, dass ein Vergleich nicht zu schmerzhaft ausfalle, nicht wann er kommt, erklärte kürzlich Marc Tüngler von der Anlegerorganisation Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Die Zahl der in den USA gegen den Konzern eingereichten Glyphosat-Klagen stieg ind diesem Jahr zwischen Februar und Mitte April noch einmal um fast 4000 auf 52.500. Die Verhandlungen über einen möglichen Vergleich mit den Klägern kamen dagegen aufgrund der Corona-Krise nicht im erhofften Tempo voran.
Ende April gab es eine Premiere im Dax: Als erster Konzern aus dem deutschen Aktien-Leitindex führte der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer seine Hauptversammlung komplett online durch. Grund dafür ist die Corona-Pandemie, die ein klassisches Aktionärstreffen unmöglich machte. Thematisch im Mittelpunkt stand auch der US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter. Im Februar hatte der Konzern wie angekündigt auch gegen das dritte US-Gerichtsurteil im Glyphosat-Rechtskonflikt Berufung eingelegt. Zudem wies Bayer erneut auf die Unterstützung durch die US-Regierung und ihr Umweltamt EPA hin, die Glyphosat weiterhin nicht als krebserregend einstuften.
Die ersten drei Prozesse hatte Bayer verloren und hohe Schadenersatzurteile kassiert, allerdings will der Konzern die Schuldsprüche in Berufungsverfahren aufheben lassen. Zeitgleich laufen hinter den Kulissen auf Hochtouren Vergleichsgespräche unter der Aufsicht des US-Staranwalts Ken Feinberg, der als Vermittler zwischen Bayer und Klägern verpflichtet wurde. Alle weiteren Verfahren bislang wurden vertagt, um den Streitparteien Zeit für Verhandlungen zu verschaffen. Die meisten Analysten rechnen mit einem milliardenschweren Vergleich.
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