Weil eine Sparkasse im Taunus mit DocMorris für das Internetbezahlsystem „Paydirekt“ der deutschen Banken und Sparkassen warb, mussten sich die Geldmanager herbe Kritik gefallen lassen. Mehr als 30 Kommentare handelten sich die Banker ein. Mit einem solchen „Shitstorm“ hatten sie offenbar nicht gerechnet. Sie zogen schnell die Reißleine: „Werbung von ausländischen Großunternehmen werden wir überdenken. Danke für eure Hinweise“, postete die Sparkasse als Entschuldigung.
„Rüstet mit DocMorris eure Hausapotheke auf. Wenn ihr euren Einkauf mit paydirekt bezahlt, bekommt ihr einen 5 Euro Gutschein. Ihr erhaltet den Gutschein nach eurem ersten Kauf“, warb die Taunus Sparkasse auf Facebook für den neuen Bezahldienst Paydirekt. Dieser ist seit vergangenem Jahr das Konkurrenzprodukt von 1200 deutschen Banken und Sparkassen zum Marktführer fürs Bezahlen im Internet Paypal.
Als Dienstleister im Auftrag der deutschen Banken und Sparkassen ist Paydirekt der Bankenstandard für Zahlungen im Internet. Es sei das einzige Online-Bezahlverfahren, das direkt mit dem Girokonto der Kunden verknüpft ist. Damit unterliege es den Regularien der deutschen Kreditwirtschaft, die weltweit als besonders streng gelten. Erst im April 2016 hatte Paydirekt die Einführungsphase abgeschlossen und mit dem Ausbau des Händlernetzes begonnen. Derzeit bieten rund 450 Online-Shops, darunter 35 große Händler wie Mediamarkt, Saturn, dm-Drogerien oder Deichmann Paydirekt als Bezahlverfahren an. Seit Dezember ist auch DocMorris an Bord.
Als bislang einzige Sparkasse setzte die Taunus Sparkasse aber ausgerechnet auf DocMorris, um für Paydirekt auf Facebook die Werbetrommel zu rühren. Das gefiel nicht allen. „Warum wirbt dann nur die Taunus Sparkasse bei Facebook mit DocMorris? Und warum wählt man DocMorris, wenn man auch einheimische Unternehmen wählen könnte?“, fragte prompt Facebook-Mitglied Markus Wo. „Vielleicht solltet ihr euch bezüglich DocMorris mit der aktuellen Thematik im Bezug von Versand und Apotheke-Vor-Ort informieren, dann würdet ihr verstehen, warum das aktuell ein Aufregerthema für viele einheimische Unternehmen ist. Und ihr damit sicherlich viele eurer Kunden verstimmen könntet.“
Die Brisanz erkannte die Sparkasse nicht sofort und wiegelt ab. Man habe mit DocMorris „nicht explizit“ als Taunus Sparkasse geworben. Als Sparkasse wolle man auf die Händlerrabatte, die es bei dem neuen Bezahlverfahren gebe, hinweisen, antwortetet die Bank. Diesen Vorteil könne jeder gerne in Anspruch nehmen. Viele andere Onlineshops böten auch paydirekt an. „Wir haben auch viele regionale Partner an Bord. Wenn dich DocMorris nicht interessiert, warte doch einfach ab, wir posten regelmäßig die Rabattaktionentz“, postete die Sparkasse.
Dann schaltete sich Apothekerin Gebriela Aures in die Diskussion ein: „Hallo Sparkasse, stellt Euch mal vor, die Händler vor Ort würden auf ihren Homepages und Facebook-Auftritten Werbung für reine Onlinebanken machen? Würde Euch das gefallen?“ Außerdem: Wer sorge denn mit den komplett lokal verbleibenden Steuern dafür, daß die Taunus Region bunt und lebenswert bleibe? Wer biete regionale und familienfreundliche Arbeitsplätze an? Aures: „Die Einzelhändler – dazu gehören alle Gewerbetreibenden in Eurer Region. Bäcker, Bauunternehmer, Optiker, Handwerksbetriebe und auch Apotheken! Denkt mal darüber nach!“
Auch das beförderte die Selbsterkenntnis der Sparkassenmanager noch nicht: „Wir Sparkassen haben es schon nicht leicht! Entweder sind wir verstaubt und verschlafen aktuelle Trends und Entwicklungen oder wir kümmern uns nicht um unsere Leitlinien! Wir bemühen uns täglich um ein ausgewogenes Gleichgewicht!“, konterten sie.
Apotheker Erik Modrack aus der Limes Apotheke im hessischen Schwalmbach brachte die Banker offenbar auf Trab: „Als Ihr Kunde kann ich mich nur wundern, dass Sie auf Ihrer Facebook-Seite Werbung für eine ausländische Versandapotheke machen, die wahrscheinlich nicht mal Kunde bei Ihnen ist. Ich habe Sie immer für einen Partner der lokalen Unternehmen gehalten. Dass sie meinen Kunden in der Region einen Einkaufsgutschein für eine Versandapotheke vermitteln, die hier keine Akutversorgung bietet, keinen Notdienst versieht, keine Innenstädte belebt, keine persönliche Beratung bieten kann, ärgert mich.“
Auch Markus Rother findet es in seinem Kommentar „sehr enttäuschend, dass die Sparkasse solche Online-Händler bewirbt. Ganz egal, ob es hier nur um Paydirekt gehen soll, DocMorris steht ganz groß mit im Werbebanner. Warum nicht für Online-Banken werben. Die sind auch in der Regel günstiger und locken mit tollen Angeboten. Aber das sind natürlich zwei völlig verschiedene Dinge. Eine wohnortnahe Sparkasse ist gut für die Region. Die Arzneimittelversorgung kann ruhig ein ausländischer Versender übernehmen.“
Und Charlotta Sommer setzt noch einen drauf: „Da erzählt die Sparkasse was von regional und bietet hier Arzneimittelversender an? Auch noch aus den Niederlanden? Das hat nix aber auch gar nix mit regional zu tun! Sparkasse? Für mich gestorben!“ „Regional und DocMorris....das schließt sich definitiv aus!“ schrieb Alexandra Huebel: „Die TaunusSparkasse als Unterstützer von einem ausländischen Unternehmen mit Grosskapitalinvestoren aus der Schweiz und Saudi Arabien, dem Unterstützer des IS. Bitte diese Doppelmoral dringendst überdenken!!!“
Damit sind die Banker noch nicht am Ende angekommen: Denn wie die Sparkassen-Manager letztendlich mit dem Hagel der Kritik umgehen, ist noch offen: „Auf unserer Facebookseite haben uns hierzu auch einige Nachrichten am Wochenende erreicht. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir den Sachverhalt gerade prüfen“, blieben die Sparkasse gegenüber APOTHEKE ADHOC eine klare Antwort schuldig.
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