Streit um Austauschbarkeit

Tapentadol: Betapharm darf Ärzte nicht anstiften

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Berlin -

Einfach umstellen und Aut-idem-Kreuz setzen! Mit dieser Aufforderung an Ärztinnen und Ärzte ist Betapharm zu weit gegangen. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) untersagte dem Generikakonzern entsprechende Werbeaussagen, an denen sich der Originalhersteller Grünenthal gestoßen hatte.

Betapharm hatte kurz nach der Markteinführung von Tapentadol beta mit einer Infokarte in Praxen für sein Generikum geworben. Unter dem „NEU: Ihre Alternative zu Palexia retard“ wurde unter Verweis auf diverse Studien behauptet, das Präparat sei bioäquivalent zum Originalprodukt. Außerdem wurden zwei deutlich Aufforderungen gemacht: „Einfach umstellen“, hieß es auf dem Flyer. Und: „Sichern Sie Therapiehoheit und Compliance mit dem Aut-idem-Kreuz.“

Grünenthal wollte diese Aussagen nicht akzeptieren und beantragte nach erfolgloser Abmahnung den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Für die Zulassung seien lediglich acht Studien vorgelegt worden, und diese belegten aus Sicht des Originalherstellers auch keine definitive Bioäquivalenz. In der Fußnote sei aber eine weitere unveröffentlichte Studie angegeben worden, sodass der irreführende Eindruck erweckt werde, es gebe neun entsprechende Untersuchungen. Auch der Abdruck einer Plasmakurve ohne Angabe einer Quelle sei unrechtmäßig.

So sah es in zweiter Instanz auch das OLG, das auch die beiden Aufforderungen verbot. Der nicht näher erläuterte Störer „Einfach umstellen!“ sei unzulässig, da es keinen klinischen wissenschaftlichen Beleg dafür gebe, dass die Umstellung „einfach“ möglich sei. Dies ergebe sich schon aus den unterschiedlichen Salzformen: So enthalte Palexia mit Tapentadolhydrochlorid, während der Wirkstoff im Generikum Tapentadolphosphat sei.

„Die Tatbestandswirkung der Zulassung bezieht sich insoweit (nur) auf die Verkehrsfähigkeit, deren Zubilligung auf der wissenschaftlich anerkannten Annahme basiert, dass im Falle der Bioäquivalenz Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Generikums derjenigen des Originals entsprächen. Eine werbliche Anpreisung, das Generikum stimme in seiner Wirksamkeit klinisch nachweislich mit dem Original überein, ist durch sie nicht legitimiert“, so das OLG.

Unzulässig fand der Senat auch die Aufforderung, der Arzt solle das Aut-idem-Kreuz aus Gründen der „Therapiehoheit“ und „Compliance“ setzen. „Dies ist in dieser Pauschalität falsch und unterschlägt, dass der Ausschluss einer Aut-idem-Substitution gemäß § 29 Abs. 2 BMV-Ä [Bundesmantelvertrag, Anm. d. Red.] nur aus ‚medizinisch-therapeutischen Gründen‘ und damit nur nach der medizinischen Prüfung des Einzelfalls zulässig ist.“ Der Ausschluss stelle dabei die Ausnahme und nicht die Regel dar.

Wenig hilfreich sei das Argument des Herstellers, der Arzt kenne seine jeweiligen Pflichten und sei mit dem ihm bei dieser Entscheidung zustehenden Ermessensspielraum vertraut. Da sie mit einer „Fülle von Arzneimittelwerbung gleichsam überhäuft“ würden, blieben die Wahrnehmungen oft „bruchstückhaft und unvollkommen“ – schließlich sollten sie „in erster Linie Patienten behandeln und nicht Werbebroschüren und/oder § 29 Abs. 2 Satz 2 BMV-Ä studieren“.

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