Die Hexal-Gründer Thomas und Andreas Strüngmann planen einen Überraschungscoup: Wie Insider berichten, wollen sie gemeinsam mit dem Finanzinvestor EQT die Generikasparte Sandoz von Novartis übernehmen – und damit ihr Unternehmen zurückholen, das sie vor mehr als 15 Jahren verkauft hatten.
Novartis hatte seine Generikasparte Sandoz zuletzt wieder ins Schaufenster gestellt. Die Strüngmann-Familie und der Finanzinvestor EQT erwägen Kreisen zufolge ein gemeinsames Angebot, berichtet aktuell auch das Handelsblatt. Beide Parteien haben bereits einige gemeinsame Investments, unter anderem den Kosmetikhersteller Galderma, der nun an die Börse gebracht werden soll.
Ende Oktober anlässlich der Publikation der Drittquartalszahlen hatte Novartis erneut angekündigt, dass zum Thema Sandoz eine strategische Überprüfung durchgeführt werde, die bis Ende 2022 zu einem Abschluss kommen solle. Die Überprüfung reiche von Überlegungen über die Synergien, die sich beim Verbleib innerhalb des Konzerns ergäben, bis hin zu den Vorteilen, die eine „Stand-Alone-Lösung“ mit sich brächten, hatte CEO Vas Narasimhan im Gespräch mit Journalisten gesagt.
Es bahnt sich also möglicherweise ein Milliardendeal an. Als Architekt beteiligt sein soll der frühere Ratiopharm-, Actavis- und Stada-CEO Dr. Claudio Albrecht mit seiner Beratungsfirma Albrecht Prock & Partners. Albrecht hatte seine Karriere bei Sandoz begonnen und bereits andere Deals für die Strüngmanns eingefädelt. Ob und in welchem Umfang sich die Familie tatsächlich finanziell engagiert, ist laut Handelsblatt aber noch offen. Auch andere Investoren könnten sich zusätzlich anschließen. Sandoz könnte bei einem Verkauf mit mehr als 20 Milliarden Schweizer Franken bewertet werden.
Trivial wäre der Deal nicht, denn bei Hexal/Sandoz ist in den vergangenen 15 Jahren eine vollkommen andere Unternehmenskultur eingekehrt. Manager werden regelmäßig ausgetauscht, es gibt strengste Compliance-Richtlinien. Auch bei Ärzten und Apothekern hat sich der Glanz vergangener Zeiten verflüchtigt: Die Rabattverträge haben Hexal aus der Pole Position verdrängt, das OTC-Geschäft war seit dem Flop von Solvohexal eher langweilig. Allerdings konnte der Konzern mit einigen OTC-Switches punkten.
Dazu kommt, dass die Strüngmanns selbst noch im Generikageschäft aktiv sind. Ihnen gehört der Generikahersteller Aristo, der in diesem Jahr eine halbe Milliarde Umsatz erzielen dürfte und stark international wächst. Auch Bioeq und Klinge gehören der Familie, ihre Beteiligungen an Neuraxpharm und Sidroga/Emser wurden dagegen verkauft. Nach dem Hexal-Verkauf waren sie auch am Pharmahandelskonzern Alliance Boots (heute: Walgreens Boots Alliance) als stille Investoren beteiligt.
Insider halten es aber für möglich, dass die Strüngmann-Brüder mit Hexal einen Megacoup landen könnten. Denn mit Biontech haben sie sich unter Fachkreisen ein herausragendes Image erarbeitet. Anders als andere Hersteller brachte das Unternehmen nicht nur durch die Zulassung. Dank der Partnerschaft mit Pfizer funktioniert auch die Auslieferung weitgehend geräuschlos.
Mit dem Verkauf von Hexal an Novartis hatten die Strüngmanns 2005 ein Vermögen von 5,6 Milliarden Euro gemacht, das sie unter anderem in verschiedene Biotechfirmen steckten. Ihr großes Ziel nach Jahrezehnten im Generikageschäft war es, innovative Medikamente auf den Markt zu bringen, die schwere Krankheiten chronisch beherrschbar machen oder kurativ sind. „Wir haben die Vision, ein neues, wirklich innovatives Pharmaunternehmen aufzubauen.“
Biontech statteten sie 2008 mit 150 Millionen Euro Startkapital aus, zuvor hatten sie schon bei Ganymed mit Ugur Sahin und Özlem Türeci zusammengearbeitet. In einer Arte-Dokumentation wird die ganze Gründungsgeschichte erzählt, auch die Strüngmann-Brüder kommen zu Wort.
Mittlerweile ist ihre knapp 50-prozentige Beteiligung fünfmal so wie wert wie seinerzeit Hexal. Laut Bild gehören sie zu den reichsten Deutschen, wobei der Aktienkurs von Biontech je nach Corona-Lage stark schwankt: Ende August ging es von 350 Euro runter auf 305 Euro – an einem Tag. Alleine dies kostete die Zwillinge auf dem Papier sechs Milliarden Euro – also ungefähr den Hexal-Preis. Aktuell liegt der Kurs bei 250 Euro.
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