Die Verhandlungen zwischen Verdi und den Arbeitgebern im Großhandel stecken derzeit in der Sackgasse. Seit dem letzten Angebot der Arbeitgeberseite im Sommer, das aber nicht den Forderungen der Arbeitnehmer:innen entspricht, gab es kein weiteres Entgegenkommen. Nun sollen Beschäftigte im Pharmagroßhandel heute und morgen streiken, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Zwar hatte es im Herbst noch mal ein neues Arbeitgeberangebot gegeben, doch dieses hätte für die Tarifbeschäftigten keine bessere Lage geschaffen, als das bereits abgelehnte Angebot aus dem Sommer. Und so sorgten bereits im vergangenen Herbst teilweise wieder Streiks für Probleme im Großhandel. In der ersten Oktoberwoche wurden die Pharmagroßhändler das letzte Mal bestreikt.
Heute landeten dann wieder Nachrichten der Großhändler in den Apotheken, denn Verdi ruft Beschäftigte in Berlin und Brandenburg zum Streik auf. Gehe in Berlin ist vom Streik betroffen, ein Teil des Lagers sei gesperrt, heißt es. Der andere Teil des Lagers sei aber arbeitsfähig. Und auch die Sanacorp-Niederlassung im brandenburgischen Potsdam wird bestreikt, es würde aber ganz normal ausgeliefert.
Alliance Healthcare informierte heute Vormittag beispielsweise über einen Tourenausfall. „Aufgrund der aktuell laufenden Tarifverhandlungen im Groß- und Außenhandel hat die Gewerkschaft Verdi die Belegschaft der Niederlassung Berlin zum Warnstreik aufgerufen. Leider müssen wir Sie deshalb darüber informieren, dass Ihre Abendtour nicht ausgeliefert werden kann.“ Vorab hatte es in einer anderen Information noch geheißen: „Wir beliefern Sie weiterhin mit Ihren Bestellungen! Vereinzelt kann es am heutigen Tag zu Lieferverzögerungen kommen.“
Die Gehe-Niederlassung in Berlin informiert ebenfalls über Beeinträchtigungen: „Entsprechend kann es heute und morgen zu Beeinträchtigungen in der Lieferfähigkeit kommen. Bitte achten Sie in Ihren Bestellungen auf die entsprechenden MSV3-Rückmeldungen. Artikel mit positiver Rückmeldung werden von uns ausgeliefert.“
Gehe/Alliance Healthcare bitten ihre Kunden um Verständnis in dieser Situation. Laut Verdi könnten die Pharmagroßhändler jedoch durchaus etwas gegen die Lage unternehmen. Die Forderungen von Verdi:
Eine Verdi-Sprecherin betont, dass es bei einem aktuellen Lohn von etwa 2500 Euro im Monat bei einer Vollzeitbeschäftigung im Großhandel kein Wunder sei, dass die Angestellten einerseits auf die Barrikaden gehen und andererseits kaum Personal für zu besetzende Stellen gefunden werde. Dabei könnten sich die Arbeitgeber im Pharmabereich die Erfüllung der Forderungen leisten, sie hätten in den letzten Jahren keine Verluste erlitten.
Doch die Arbeitgeber blockierten, so Verdi. Die Verhandlungsmacht liegt hier vor allem bei den Lebensmittelhändlern, da sie die Größten im Großhandelsbereich sind. Eine Einigung scheint in weiter Ferne, weitere Verhandlungstermine konnten nicht vereinbart werden. „Noch nie hat es so eine lange Auseinandersetzung“, heißt es von Verdi. Man vermute, dass die Arbeitgeber den Tarifvertrag aushöhlen wollen, bis die Streikenden die Luft ausgeht.
Dass der Streik recht geringere Auswirkungen haben werde, wie es die Pharmagroßhändler vermitteln wollen, glaubt man bei Verdi nicht: „Das behaupten die Unternehmen immer, dass es keine Auswirkungen hat.“ Teilweise gab es wohl sogar schon Streikende, die des Geländes verwiesen wurden.
Heute wird vor den Pharmagroßhandelsniederlassungen gestreikt, teilweise kurzzeitig, teilweise auch für mehrere Stunden. Morgen soll es dann einen zentralen Streik der Beschäftigten geben vor einem brandenburgischen Edeka-Lager, da Edeka einer der zentralen Blockierer in den Verhandlungen auf der Arbeitgeberseite sei. „Um die Arbeitgeber zur Rückkehr an den Verhandlungstisch und zum Abschluss eines Tarifvertrags zu bewegen, streiken weit mehr als zehntausend Kolleginnen und Kollegen bereits seit Tagen in den Regionen. Am Freitag rufen wir zum bundesweiten Aktionstag auf“, so Verdi zum Streik am Freitag, von dem der Pharmagroßhandel ebenfalls, aber bundesweit betroffen sein wird.
Bis Ostern seien noch mehrere Aktionswochen geplant.
Die aktuellen (offiziellen) Arbeitgeberangebote (für 24 Monate) im Großhandel:
Die Verdi-Forderungen (für 12 Monate) im Großhandel:
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