Seit Jahren handeln Privatpersonen bei Ebay mit apotheken- oder gar verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Das Auktionshaus löscht die Angebote, wenn es Beschwerden gibt. Der Verein Freie Apothekerschaft meldet regelmäßig Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (AMG). Das Magazin „Der Spiegel“ greift das Problem in der aktuellen Ausgabe auf.
Bei Verstößen gegen das AMG drohen laut Bericht Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren. Die Staatsanwaltschaften seien sogar verpflichtet, ihnen angezeigte Straftaten zu verfolgen. Trotzdem nehme der private Handel mit Medikamenten im Netz zu: „Gab es im Jahr 2017 mindestens 2500 rechtswidrige Arzneimittelangebote von Nichtapothekern, waren es in diesem Jahr schon jetzt rund 2900 Anzeigen bei Onlineportalen in Deutschland, darunter 720 verschreibungspflichtige Medikamente“, schreibt das Magazin unter Berufung auf Zahlen der Freien Apothekerschaft. Der Verein kontrolliere Portale wie Ebay, Quoka oder Ebay Kleinanzeigen. „Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein, nicht alle Angebote werden von der Truppe gefunden, manche schnell gelöscht.“
Als Kaufinteressent müsse man nach den Angeboten suchen, zu finden sei aber so gut wie alles: Haarwuchsmittel, Nasenspray, Insulin, Thrombosespritzen, Botox, Verhütungspillen, Hyaluronsäure, starke Schmerzmedikamente oder Antibiotika.
Die meisten Angebote stammten von normalen Patienten. Das Magazin führt eine 26-jährige Büroangestellte aus Bautzen an, die ihre Pille zu Geld macht, wenn sie knapp bei Kasse ist. Und einen 56-jährigen Bauingenieur in Berlin, der die Valsartan- und Tramadol-Tabletten seines kürzlich verstorbenen Vaters nicht einfach entsorgen will und sie kurzerhand bei Ebay Kleinanzeigen zum Verkauf anbietet. Dass das illegal ist, weiß er nicht.
Auch sonst sei die Motivation meist nachvollziehbar: Einige Menschen vertrügen ihre Medikamente nicht, andere wollten ihre teuer erstandene Malariaprophylaxe nach dem Urlaub nicht einfach ungenutzt entsorgen. Sogar Choleraimpfstoff könne gekauft werden – ohne Rezept und ohne die Sicherheit, dass die Kühlkette nicht unterbrochen worden sei.
Reinhard Rokitta von der Freien Apothekerschaft spricht gegenüber dem „Spiegel“ von einem „brandgefährlichen und rechtswidrigen Handel“. „Was uns entsetzt, ist der Umstand, dass sich Politiker, Behörden und Kammern einfach wegducken. Niemand fühlt sich richtig zuständig“, wird der Apotheker aus Bünde zitiert.
Bizarr sei die Situation vor allem deswegen, weil es kaum ein strenger reguliertes Geschäft als den Verkauf von Arzneimitteln gebe, schreibt der „Spiegel“: „Es ist geregelt, dass für Apothekenstempel auf dem Rezept rote Stempelfarbe verwendet werden muss. Enthält das Dokument kein Geburtsdatum des Patienten, ist es ungültig. In den Regalen, die der Kunde selbst anfassen darf, dürfen nur Kosmetika und Co. stehen. Frei verkäufliche Mittel, leichte Schmerzmittel, Hustensaft oder Nasensprays etwa, gehören hinter den Tresen. Rezeptpflichtige Medikamente müssen nicht einsehbar gelagert werden, für sie darf in der breiten Öffentlichkeit auch nicht geworben werden.“
Die Onlinemarktplätze hätten sich zum Ort für den illegalen Handel entwickelt. Denn als Straftat gelte nur der berufs- oder gewerbsmäße Handel. „In der Realität werden aber viele Fälle nicht verfolgt.“ Allzu oft würden die Verfahren eingestellt, Verurteilungen gebe es so gut wie nicht. „Wenn die Justiz nicht endlich konsequent ist, wird der illegale Handel zu einer Art Graubereich“, wird Rokitta zitiert.
Erwähnt werden die Petitionen, mit denen sich die Apotheker vergebens an die Politik gewandt hätten. Und als Beweis, dass die angeblich installierten Filter nicht wirklich funktionieren, wird im Bericht eine „ganz besondere Auktion“ aus dem Jahr 2015 aufgeführt: „Ich habe beim Aufräumen EINE org. verpackte Contergan gefunden. Es ist noch EINE Tablette in dem Röhrchen“, hieß es in dem Angebot. Ebay teilt auf Anfrage des „Spiegel“ mit, man wisse nicht, was aus dem Angebot geworden sei.
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