So erkauft sich Redcare jetzt Rx-Umsätze Patrick Hollstein, 04.10.2024 10:31 Uhr
Einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag will Redcare zusätzlich locker machen, um weiter massiv für das E-Rezept zu werben. Grund ist angeblich das dynamische Wachstum im Rx-Bereich. Doch es sieht eher danach aus, dass Günther Jauch vor der Tagesschau helfen soll, im letzten Quartal des Jahres noch irgendwie die Wachstumsstory aufrecht zu erhalten.
156 Millionen Euro an Rx-Umsatz konnte Redcare in den ersten neun Monaten einfahren: Nach einem schwachen Auftakt mit 37 Millionen Euro im ersten Quartal konnten die Erlöse erst auf 50 und zuletzt auf 69 Millionen Euro gesteigert werden. Das ist erstmals wieder so viel wie auf dem Niveau vor Einführung des Verbots von Rx-Boni.
Doch es ist bei Weitem nicht genug, um die Story intakt zu halten. Auch wenn der Vorstand das aktuelle Marktinginvestment mit dem dynamischen Wachstum begründet: Ohne Jauch und seine Auftritte für den Versender geht es anscheinend gar nicht. Und was offen oder versteckt an Rx-Boni gewährt wird, dürfte ebenfalls entscheidend sein.
Eine Prognose für den Rx-Bereich abgeben will das Management nach wie vor nicht, dazu wachse das Geschäft zu dynamisch, so die offizielle Begründung. Aber aus den übrigen Eckdaten zum Ausblick lässt sich ableiten, wohin die Reise gehen muss und wie groß die Investitionen sind, die man dafür springen lässt.
Non-Rx wächst schneller
Der Konzernumsatz soll nach der jüngsten Anpassung auf 2,35 bis 2,5 Milliarden Euro steigen, damit wurde die Untergrenze um 50 Millionen Euro angehoben. Grund dürfte hier vor allem das Non-Rx-Geschäft sein, das im besten Fall um ein Viertel, mindestens aber um 20 Prozent wachsen soll; zuvor hatte die Untergrenze bei 15 Prozent gelegen. Damit sollen also in diesem Bereich also Erlöse zwischen 1,56 und 1,625 Milliarden Euro erzielt werden.
Der Rx-Bereich müsste dann zwischen 725 und 940 Millionen Euro besteuern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der vor einem Jahr übernommene Spezialversender Mediservice aus der Schweiz rund 500 Millionen Euro besteuert. Und hier wurde die Prognose jetzt überraschend angepasst: Statt eines Wachstums im mittleren einstelligen Bereich wird nur noch ein Plus im unteren einstelligen Bereich erwartet.
Vor diesem Hintergrund müsste Shop Apotheke hierzulande im Rx-Bereich also rechnerisch irgendetwas zwischen 200 und 420 Millionen Euro erwirtschaften. Zumindest die Untergrenze dürfte nach den ersten drei Quartalen zwar ziemlich sicher erreicht werden. Aber dies wäre natürlich angesichts der seit Jahren gebetsmühligenartig vorgetragenen Versprechungen ein wenig überzeugendes Ergebnis.
Zweistelliges Millioneninvest
Und so hat das Management in blumigen Worten erklärt, weiter massiv in die Werbung zu investieren und dafür Ertragseinbußen hinzunehmen. Statt bei 2 bis 4 Prozent soll die bereinigte operative Marge (Ebitda) nur noch bei 1,2 bis 2,2 Prozent des Umsatzes liegen. Konkret heißt das, dass zwischen 30 und 55 Millionen Euro auf dieser Ebene erwartet werden – bislang waren zwischen 45 und 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden.
Mit anderen Worten: Ein mittlerer zweitstelliger Millionenbetrag wird auf Ertragsseite geopfert und in Werbung investiert. Vor dem Hintergrund, dass für das vierte Quartal zwischen 45 und 265 Millionen Euro angepeilt werden und wohl realistisch ein Betrag unter 100 Millionen Euro erzielt werden kann, bleibt nur eine Lesart: Jeder Umsatzeuro wird gerade massiv erkauft.
Laut CEO Olaf Heinrich ist das kein Problem: Anhand von Kohorten könne man sehen, dass diese Kundinnen und Kunden besonders lange treu blieben. Die Anfangsinvestition führe irgendwann zum Break-even, daher habe man sich entschieden, diesen Weg zu gehen. Theoretisch könnte man das Marketing auch einstellen, Aufträge kämen dann immer noch. Viele Rx-Kunden bestellten bereits zum zweiten, dritten oder sogar vierten Mal. Jetzt schnell in dieses Geschäft hineinzuwachsen, sei die Strategie. Für dieses und auch für das kommende Jahr.