Großhandelskonditionen

Skonto-Prozess: AEP will Trümper als Zeugen

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Berlin -

Erster Akt im Skonto-Prozess: Vor dem Landgericht Aschaffenburg beginnt am 27. August das Verfahren zwischen der Wettbewerbszentrale und dem Großhändler AEP direkt. Und es könnte ein spektakuläres Verfahren werden: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC will AEP den Phagro-Vorsitzenden Dr. Thomas Trümper als Zeugen vor Gericht sehen und die Konditionen der Konkurrenz vorlegen, um das eigene Einkaufsmodell zu verteidigen. Überdies glaubt man bei AEP nicht an ein Rabattverbot beim Großhandelsfixum von 70 Cent.

Aus Sicht der Wettbewerbszentrale sind Skonti auf der Großhandelsrechnung den sonstigen Rabatten gleichzusetzen. Demnach darf die Gesamtkondition 3,15 Prozent nicht übertreffen – der variablen Spanne des Honorars der Grossisten. Seit 2012 erhalten sie 70 Cent pro Rx-Packung sowie eben jene 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis.

AEP bleibt mit seinem Rabatt von 3 Prozent zwar unter dieser Grenze, gewährt Apotheken bei pünktlicher Zahlung aber zusätzlich 2,5 Prozent Skonto. Dies verstößt aus Sicht der Wettbewerbszentrale gegen die Preisbindung, AEP erhielt im Dezember eine Abmahnung aus Bad Homburg. Da der Großhändler keine Unterlassungserklärung abgab, wird die Sache jetzt vor Gericht verhandelt.

AEP-Geschäftsführer Jens Graefe ist sich sicher, dass das Geschäftsmodell vor Gericht Bestand haben wird: Schließlich habe das Skonto mit dem sehr kurzen Zahlungsziel von fünf Tagen bei Dekadenrechnung eine echte Gegenleistung, so das Argument. Um zu belegen, dass die eigenen Konditionen zudem branchenüblich sind, soll unter anderem Trümper vor Gericht aussagen – AEP benennt ihn gleich mehrfach als Zeugen.

Ob das Landgericht den Phagro-Vorsitzenden tatsächlich lädt, bleibt allerdings abzuwarten. Entscheidend ist, ob der frühere Chef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende von Alliance Healthcare aus Sicht der Richter etwas zur Klärung der Rechtsfrage beitragen kann.

Doch es kommt nicht unbedingt auf Trümper an. AEP legt im Verfahren auch konkrete Beispiele von Angeboten der Konkurrenz vor, um zu beweisen, dass man selbst mit Blick auf das Preisrecht eher moderate Konditionen habe. Sollte die Wettbewerbszentrale die Kombination aus Rabatt und Skonto in den üblichen Ausmaßen tatsächlich für unzulässig halten, müsste sie aus Sicht von AEP gegen alle Großhändler der Branche vorgehen.

Bei der Wettbewerbszentrale kann man die Aufregung nicht verstehen: Es sei im Wettbewerbsrecht absolut üblich, dass ein Anbieter herausgepickt wird, um eine Rechtsfrage zu klären. Ob Mitbewerber ähnliche Konditionen anböten, sei daher vollkommen unerheblich, heißt es aus Bad Homburg. Gegenüber der Polizei könne sich schließlich auch niemand damit rechtfertigen, die anderen Autos seien ebenfalls zu schnell gefahren.

Möglicherweise ist AEP Opfer seines Alleinstellungsmerkmals geworden: Der Großhändler bietet allen Apotheken sehr transparent dieselben Konditionen an. Damit konnte AEP besonders leicht ins Visier der Wettbewerbszentrale geraten.

Daran glaubt bei AEP niemand: Der Wettbewerbszentrale müssten auch die Angebote der Konkurrenz leidlich bekannt sein. AEP-Chef Jens Graefe ist daher überzeugt, dass ein anderer Großhändler hinter der Klage steckt. Alliance Healthcare, die Genossenschaften Sanacorp und Noweda sowie der Phagro selbst seien immerhin Mitglieder der Wettbewerbszentrale. Außerdem habe der Phagro-Vorsitzende Dr. Thomas Trümper in einer SMS mitgeteilt, dass er die Skontofrage ebenfalls restriktiv sehe. Auch die SMS wird bei Gericht vorgelegt.

Die Wettbewerbszentrale hatte den Ausgang des Verfahrens selbst als offen bezeichnet. AEP sieht das als weiteren Beleg dafür an, dass es der Konkurrenz hinter der Klage nur darum geht, das Geschäftsmodell des Newcomers zu zerstören. Eine „offene Rechtsfrage“ hätte die Wettbewerbszentrale schließlich auch durch ein Gutachten klären können, statt sofort vor Gericht zu ziehen, so das Argument.

Der Großhändler aus Alzenau hält die Klage insgesamt sogar für rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig. Denn es gehe nicht darum, wettbewerbswidriges Verhalten zu unterbinden. Die Wettbewerbszentrale habe sich vielmehr von den etablierten Großhändlern – die AEP ausnahmslos als „Oligopolisten“ bezeichnet – instrumentalisieren lassen. Gewissermaßen als Abkürzung im Prozess soll der Wettbewerbszentrale vom Gericht daher die Klagebefugnis abgesprochen werden. Das wäre zumindest eine Überraschung.

Überraschend ist auch, dass AEP nicht nur sein Skontomodell verteidigt, sondern auch die Rabattsperre für das Großhandelsfixum in Frage stellt: Im Gesetz sei nicht davon die Rede, dass der Großhandel den festen Aufschlag von 70 Cent erheben müsse, dieser sei lediglich als Höchstgrenze genannt. AEP stützt sich dabei auch auf eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts aus dem Jahr 2012.

Selbst wenn man mit der Wettbewerbszentrale davon ausgehen wollte, das Skonti auch Rabatte seien, wären die Konditionen demnach zulässig. Sollte sich diese Sichtweise durchsetzen, wären die Auswirkungen auf den Markt noch weitreichender als nur in der Skontofrage: Die Großhändler dürften dann wieder aus ihrer gesamten Marge Rabatte an die Apotheken gewähren. Schon vor dem ersten Verhandlungstag ist klar, das der Skonto-Prozess richtungsweisend für das Verhältnis von Apothekern und Großhändlern wird.

Die Verhandlung in Aschaffenburg Ende August dürfte kaum die einzige bleiben: Beide Seiten haben bereits angekündigt, notfalls bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) zu ziehen.

Da es sich um eine grundsätzliche Frage handelt, sollte die Sache

tatsächlich bis nach Karlsruhe kommen. Zwischenstation wäre das

Oberlandesgericht Bamberg.

Im Mai hatten sich AEP und der Phagro schon vor dem Landgericht

Berlin getroffen. Trümper hatte Ende März öffentlich geäußert, dass es

unter dem Anti-Korruptionsgesetz für AEP-Kunden strafrechtlich eng

werden könnte, sollte das Skontomodell in dem anstehenden Prozess gegen

die Wettbewerbszentrale für unzulässig erklärt werden. Da dies nach dem

Rückwirkungsverbot unmöglich ist, hatte AEP vom Landgericht Berlin eine

einstweilige Verfügung gegen Trümper bekommen.

Die Sache wurde dann noch ausführlich vor Gericht besprochen.

Schließlich einigte man sich in einem Vergleich: Trümper verpflichtet

sich, nicht mehr zu behaupten, dass sich Apotheker rückwirkend strafbar

machen, wenn sie bei AEP bestellen. Vorbehalt: Es bleibt ihm unbenommen,

sich öffentlich zu einer etwaigen Strafbarkeit unter dem

Anti-Korruptionsgesetz zu äußern, sofern das ohne Bezugnahme auf die AEP

passiert. Der Fall ist damit abgeschlossen, über die Skontofrage selbst

wird erstmals in einem Monat verhandelt.

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