Skonto-Sperre: Kampf um Gebühren und Ausschlüsse Carolin Ciulli, 15.05.2024 11:29 Uhr
Die Apotheken bekommen wegen der Skonto-Sperre erste Rückmeldungen von ihren Großhändlern. Die Nachrichten sind jedoch vielerorts ernüchternd – eine weitgehende oder gar komplette Kompensation bleibt derzeit ein Wunschdenken. AEP nutzt den Moment und inszeniert sich zwischen den großen Anbietern als Lichtblick für die Apotheken.
Die Großhändler zeigen sich in Gesprächen mit Apotheken restriktiv, was das Thema Skonto-Ausgleich angeht. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) wird umgesetzt: Skonto auf Rx wird gestrichen, wenn dadurch der Rabatt insgesamt über dem gesetzlich zulässigen Aufschlag von 3,15 Prozent liegt, also einen Nachlass von 3,05 Prozent überschreitet.
In der Branche laufen nach den ersten, noch eher allgemein gehaltenen Briefen derzeit hitzige Gespräche mit den Lieferanten. Naturgemäß lassen die Vertriebsmitarbeiter noch wenig Spielraum erkennen. Gerade große Apotheken, die schon verschiedene Bausteine wegverhandelt hatten, wird wenig Entgegenkommen signalisiert. In der Branche wird erwartet, dass mit den neuen Bausteinen nur 60 bis 80 Prozent des Ausfalls „kompensiert“ werden können.
Neue Vereinbarungen gibt es aktuell noch sehr wenig. Einem Berater aus dem Markt liegen derzeit rund zehn Abschlüsse vor. „Bei Noweda, Sanacorp oder den Privatgroßhändlern geht die Kompensation nicht über 50 beziehungsweise 60 Prozent hinaus und liegt eher noch darunter“, sagt er. Marktführer wie Phoenix und Gehe/AHD hätten noch nichts platziert. „Die Großhändler wollen nichts an die große Glocke hängen und schicken ihren Außendienst in die Apotheken.“ Der bereite sich auf keine einfachen Gespräche vor. „Ein Mitarbeiter hat mir gesagt, die nächsten sieben Wochen werden der Horror in den Apotheken, weil er jedes Mal individuell vereinbaren muss.“
Weiter Gebühren und Ausschlüsse
Zunächst blieben die in den vergangenen Monaten erhobenen Zusatzgebühren wie Energie- und Mindestlohnaufschlag bestehen, heißt es. Auch beim Handelsspannenausgleich zeigten sich die Großhändler noch nicht gesprächsbereit. Dennoch sollten die Apotheken diese Kompensationsmöglichkeiten einfordern, sagt ein Branchenkenner.
Phoenix, Gehe/Alliance Healthcare Deutschland (AHD), Sanacorp und Noweda sowie die Privatgroßhändler verweisen auf individuelle Gespräche. Nach außen soll möglichst nichts dringen, denn die Wettbewerbszentrale schaue genau hin, heißt es von einem Apothekenberater.
Etwas außen vor steht AEP. Der Großhändler aus Alzenau, der in Apotheken eher als Zweitlieferant bekannt ist, liefert nur einmal am Tag und bietet dafür entsprechende Konditionen. Schriftlich hatte man versprochen, weiterhin mit einem guten Angebot für die Apotheken da zu sein. Aktuell kündigt der Außendienst an, dass in der kommenden Woche zunächst die Kündigung verschickt werden, kurz darauf sollen neue Angebote vorgestellt werden.
Keine Kapazitäten für Neukunden
Viele Apotheken überlegen nämlich angesichts der angespannten Situation, den Großhändler zu wechseln und damit Druck aufzubauen. Dieses Vorgehen werde jedoch keine Lösung bringen, sagt ein Branchenkenner. Es sei eher ein emotionales und verständliches Vorgehen von Inhaberinnen und Inhabern. Kontaktaufnahmen möglicher Neukunden würden derzeit mit Verweis auf „Kapazitätsgründen“ ohnehin nicht angenommen. Auf der anderen Seite gibt es Zweifel, dass beispielsweise AEP mit einem einzigen Zentrallager und Trans-o-flex als Logistikpartner weitere Lieferungen in größerem Umfang überhaupt stemmen könne.
Der Experte befürchtet, dass die Großhändler sogar so weit gehen könnten und die Belieferung aussetzen. „Das wäre kartellrechtlich fraglich. Die Großhändler wollen Ruhe im Markt und wollen einen echten Wettbewerb verhindern, um möglichst keine neue Rabattschlacht heraufzubeschwören.“
Druck aufbauen
Die Apotheken können ihm zufolge jedoch auch an anderen Stellen Druck aufbauen, wenn sie eine Grenze überschritten sehen. „Was die Großhändler besonders ärgern würde: Wenn die Apotheken bestehende Partnerschaften wie die Mitgliedschaft bei Kooperationen oder Plattformen kündigen, denn dann bekommen die Großhändler ihre Cashbacks aus der Industrie nicht mehr.“
Und tatsächlich gibt es von Apotheken solche Überlegungen. Auch Payback bei Phoenix oder die Dekadenzahlung stehen auf dem Prüfstand. Die Streichung des Bankeinzugs oder die Einführung von Gebühren von Apotheken seien ebenfalls im Gespräch.
Die großen, vom Großhandel unabhängigen Kooperationen wie Elac Elysée hüllen sich derzeit noch in Schweigen. Die Situation wird als „zugespitzt“ beschrieben. „Es ist schlimmer als vermutet, wir gehen sehr stark in die Eskalationsphase“, heißt es von der Verhandlungsseite der Apotheken. Der Großhandel nutze das Urteil und betreibe „massiv Gewinnmaximierung“ und bitte die Apotheken unter dem Vorwand des BGH-Urteils zur Kasse.